Seite:Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen.pdf/348

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sorgte Sickingen treulich für Reuchlin, der in Stuttgart ein Asyl gefunden hatte, und verschaffte ihm und seiner Wohnung eine Schutzwache. Dann berief er jenen großen Gelehrten zu sich, und öffnete ihm seine Burgen, dasselbe that er auch dem verfolgt umirrenden Hutten, und als es verlautete, daß Luther sich aus Wittenberg hinwegbegeben und sich nach Böhmen wenden wollte, war es wieder Sickingen, der im Bunde mit den edelsten Männern der deutschen Ritterschaft ihm Schutz und Schirm auf deutschem Boden antrug. Immer war in Sickingen die Hoheit der Gesinnung vorwaltend, nicht die engherzige Politik, und die erstere wurde zur Staffel seines Ruhmes. Luther bedurfte nicht des Schutzes Sickingen’s und der Freunde desselben, wohl aber nahmen die Reformatoren-Genossen Martin Bucer, Caspar Aquila, Johann Schwebel, und Johann Oecolampadius gern diesen Schutz an, und Hutten legte der Sicking’schen Ebernburg den Namen einer »Herberge der Gerechten« bei.

Kaiser Karl V. sah wohl ein, welche wichtige Stellung Sickingen als Haupt des schwäbischen Bundes, ja als Chorführer des gesammten deutschen Adels, der eine in sich geschlossene starke Macht bildete, einnahm, und nahm ihn gern in seinen Dienst, umkleidete ihn mit Rang und Titeln. Sickingen wurde am Tage der Krönung Karl’s V. zu Aachen zum kaiserlichen Kämmerer, Rath und Feldhauptmann ernannt, und warb dem Kaiser in letzterer Eigenschaft ein Heer von 3000 Reitern und 12,000 Fußknechten gegen König Franz I. von Frankreich, an dessen Spitze ihm freilich das Herz schwoll und der Muth sich hob. Eine solche Macht vermochte schon, sich geltend zu machen, und selbst der König von Frankreich suchte Sickingen zu sich hinüber zu ziehen. Leider zerstörte das ungünstige Schicksal die großen Hoffnungen, welche das Vaterland auf Sickingens hervorragende Persönlichkeit als einen Schirmherrn der Wahrheit und des Lichtes, des geläuterten Glaubens und einer edlen sittlichen Freiheit gegenüber den pfäffischen Anmaßungen setzen konnte, in der Fehde Sickingens gegen Richard, den Erzbischof von Trier, den er hart beschuldigte, und der wie eine eherne Säule und ein Bollwerk Roms gegen die Vorschritte der Reformation da stand. Es fehlte nicht an anderen Verbündeten, unter Städten sowohl, wie unter der Ritterschaft, und manche Hoffnung mochte sich wohl überkühn, bis zum Griff nach der deutschen Kaiserkrone – versteigen. Sickingen wollte der Kämpfer für das Evangelium werden, doch mochte in seinem Innern noch manch anderer Beweggrund zum Zuge gegen das Erzbisthum schlummern, den er 1522 an der Spitze einen bedeutenden Heeres begann. Er fiel in das Erzbisthum Trier ein und belagerte dessen uralte, wohlgefestete Hauptstadt. Muthige Gegenwehr von Seiten der Bürgerschaft und der Söldner des Erzbischofs, wie rascher hülfebringender Zuzug den Kurfürsten Ludwig von der Pfalz und den Landgrafen Philipp von Hessen, der Sickingen noch in gar üblem Andenken hatte, machten der Belagerung Triers bald ein Ende und drängten Sickingen, sich zurückzuziehen. Er eilte nach Schweinfurt, suchte sich zu stärken, suchte Bündniß mit der fränkischen Ritterschaft, und zog sich dann auf die festeste seiner Burgen zurück, wo er 1523 von den vereinten Fürsten belagert wurde. Vorsorglich hatte er nach und nach alle seine Schützlinge entlassen, und wehrte sich auf das tapferste, bin ein von einer Stückkugel getroffener Ballen im brechen und herabstürzen ihn heftig in der Seite verwundete, was die Uebergabe der Burg kurz vor Sickingens Tode zur Folge hatte. Seltsam schwankt der Name des Schlosses, auf dem der wackere Ritter sein allzufrühes Ende fand: Landstein, Landstuhl, Landstall, Nannstein, so auf der Grabschrift: Nanstuhl – keiner von allen diesen ist , der richtige. Nanstall nennen gleichzeitige Berichte, noch aus dem Fürstenlager geschrieben, die Veste Sickingens. Ebenso unsicher sind die Nachrichten über Sickingens letzte Augenblicke, welche durch die vereinten Fürsten, seine Sieger, getrübt worden sein sollen. Es mag deshalb nachfolgender Briefauszug diese Zeilen schließen, welchen Landgraf Philipp von Hessen an den Herzog Erich zu Braunschweig, Bischof zu Osnabrück und Paderborn schrieb.

„Nhun ist Franz von Sickingen zu erst des dritten Tags der Belegerung in Nanstall von einem Stein, durch einen schlag eines steins geschossen gewesen, vndt dadurch vff den tod krank worden. Als wir nun drei fürsten des tags eygener Personen zu Ime in Nanstall kommen. Mit Ime in seiner krankheit ein kleine Zeit gütlich geredt haben, ist er kurz darnach mit tod verschieden, Vnndt gegen diesen abendt zu grabe kommen, Got sey der selen gnedig vnnd barmhertzig. Solchs wollten wir Eur lieb nit bergen, zu got den Almechtigen hoffendt, Er werde alle vnsere sachen zu Handthabung friedens vnnd Rechtenn, Auch zu schützung Aller vnser Unterthan, Auch Zuvorkommung weitern veraths vnnd beschedigung zum besten schaffenn vnd zu guttem endt schickenn. Damit wünschen wir E. l. viel gutter Zeit. Datum in vnserm veltlager vor Nanstall Am Mitwochen zu nacht nach Cantate Anno MDXXVIII“

Philips von gots gnaden landgraf zu Hessen, Grave zu Catzenelnbogen zu Diez zu Ziegenhain vnd zu Nidda.

Der Mittwoch nach Cantate 1523 war, da Cantate auf den 3. Mai fiel, der 6. Mai, die Grabschrift Sickingen’s aber nennt Donnerstag den 7. d. M.