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gesunder Gegend, auf sonniger Höhe, genau an der Grenzlinie, wo der Thüringer Wald sich gegen die weite thüringische Ebene nach Norden abdacht. Dort in einem sich erfreulich mehrenden Kreise anvertrauter und eigener Kinder, in welchen letzteren er sich selbst Gehülfen und Gehülfinnen heranzog, entfaltete nun Salzmann eine Thätigkeit als Erzieher, welche der Himmel mit dem reichsten Segen lohnte. Er umgab sich mit jungen wissenschaftlich gebildeten Männern, die ihn als Gehülfen unterstützten. Unter diesen war neben Beutler aus Suhl J. M. Bechstein der erste, André kam aus Arolsen und führte Zöglinge zu, Solger und Guthsmuths schlossen sich an, Glatz, Lenz, Blasche folgten, und Schnepfenthal erwuchs und erblühte. Ein Familienkreis umschlang alle Glieder der Anstalt, Fleiß und Liebe, Thätigkeit und Arbeitsfreude, frommer Sinn und ungeschminkte, ungeheuchelte Gottesfurcht waren ihre kräftigen Stützen. Das Grabscheit wählte Salzmann zum Wappen, D. D. H. „denke, dulde, handele“, war sein Wahl- und Sinnspruch, und so ging er durch gute und trübe Zeit, oft wegen seiner kostspieligen Bauten, durch welche er die stets wachsende Anstalt erweiterte, in große Sorge gestürzt, siegreich und ehrenvoll dem Ziele entgegen. Oft erging es ihm, wie A. H. Franke, daß der Lohn- und Zahltag kam, und kein Geld da war – immer und immer war die Hülfe dann am nächsten, wenn die Noth am größten war. Bald nach dem Beginn des neuen Jahrhunderts zählte Schnepfenthal schon 60 Zöglinge – so war Salzmann’s Hoffnung, der nur auf zwölf gerechnet, glänzend übertroffen. Wie sehr auch Salzmann’s spätere pädagogische Schriften, wie z. B. das trübgefärbte Buch: „Carl von Carlsberg, über das menschliche Elend“ u. a. Beifall und zahlreiche Leser fanden, noch mehr und besser wirkte der gottgetroste Mann durch seine persönliche lebendige Lehre, sein Beispiel der Arbeitsamkeit, des Biedersinnes, überhaupt durch seine einfache, naturgemäße Erziehungsmethode, die den Kindern das Lernen lieb und theuer machte, die körperliche Arbeit zum Fest, die Anstrengung zum Spiel, den Spatziergang zur Belehrung, die Natur zum Tempel, ohne die jungen Gemüther der kirchlichen Gottesverehrung zu entfremden. Schnepfenthal hatte und hat noch einen Betsaal, ein eigenes Gesangbuch, es hatte auch eine selbständige Druckerei. – Siebenundzwanzig Jahre lang war es Salzmann vergönnt seiner Erziehungsanstalt persönlich vorzustehen, bis seine Fackel sich senkte und erlosch. Auf seinen Hügel wurde ein Hollunderbaum gepflanzt, nach seinem Wunsche. Söhne Töchter und Enkel, Schwiegersöhne und Schwiegertöchter leiteten in dem ächten Sinn und Streben Vater Salzmann’s die Anstalt fort, sie besteht und blüht noch heute, und vererbt den Namen ihres Gründers auf die Nachwelt. Sie hat in der stillen Friedensbucht am romantischen Waldeshang des thüringischen Gebirges alle Stürme der Zeiten über sich dahin und neben sich vorüberbrausen lassen, und wird von einem guten Geiste fortgeleitet und fortgepflegt auch noch spätere Wehen der Zeiten überdauern.