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bekannten Astronomen, und errichtete eine neue Druckerei, aus welcher mehrere Werke beider, mit großer Sorgfalt gedruckt, hervorgingen. Das merkwürdigste aller Hervorbringungen dieser Presse ist ein ganz in Holz geschnittener Kalender, der jetzt zu den größten xylographischen Seltenheiten gehört. Schon beim erscheinen kostete 1 Exemplar dieses eigenthümlichen Werks 12 ungarische Goldgulden, und es sind bis jetzt nur 4–5 Exemplare desselben als überhaupt noch vorhanden nachgewiesen. Eins davon besitzt die k. Bibliothek in Dresden, zwei die k. Bibliothek in München, eins die Universitätsbibliothek in Erlangen, und das fünfte befindet sich im Privatbesitz. Außer den übrigen zahlreichen Schriften, welche Magister Johannes von Kunsperk verfaßte und druckte, verstand er auch künstliche Automaten zu verfertigen und deren Verfertigung zu lehren. Dadurch und durch die wesentliche Verbesserung des Kalenders, wie auch durch seine genauen, auf 30 Jahre voraus berechneten astronomischen Ephemeriden erlangte der Meister weiten Ruf, denn seine Arbeiten übertrafen alle Vorgänger. Jeder Zweig der mathematischen Wissenschaft wurde durch Regiomontanus erweitert und bereichert. In der Trigometrie gab er zuerst dem Halbmesser zehn Millionen Theile, und führte den Gebrauch der Tangenten ein. Er wurde zuerst der Begründer der Algebra in Deutschland. Seine Automaten fanden ebenso viele Anerkennung als Bewunderung und zeugten von Scharfsinn und der glücklichsten mechanischen Erfindungsgabe, wenn auch die spätere Zeit einiges ersann und ihm zuschrieb, was er nicht gefertigt. Regiomontanus baute ein bewegliches Sonnen- und Planetensystem, an welchem die Bewegung der Gestirne wahrzunehmen war. Man hat auch erzählt, er habe einen künstlichen Adler gefertigt, welcher dem Kaiser Maximilian bei dessen Einzug im Jahre 1470 entgegen geflogen sei, doch scheint das letztere wohl poetischer Zusatz, und der Adler stand nur auf dem Stadtthore oder auf einer Ehrenpforte, sich bewegend und die Schwingen schüttelnd. Viel auch ward erzählt von einer eisernen Fliege, die aus des Künstlers Hand auf-, um die Tafel herum- und wieder zu ihm zurückgeflogen sei, doch haben sich viele bemüht, die letztere Erzählung völlig in das Reich der Fabel zu verweisen.

Papst Sirius IV., dem die Kalenderverbesserung sehr am Herzen lag, berief den großen fränkischen Mathematiker 1475 nach Rom, bediente sich seiner Kenntnisse und belohnte ihn mit der Verleihung des Bisthums Regensburg, allein Regiomontanus sah Deutschland nicht wieder. Es ist nur zu wahrscheinlich, daß wälscher Neid ihn hinopferte, er starb, kaum im 41. Lebensjahre stehend, an Gift. Vielleicht war dieser Mord ein Ausfluß des Hasses des Cardinal Cusanus, welcher sich und noch mehr andern einzureden suchte, er habe die Quadratur des Cirkels erfinden, welche Phantasie von Regiomontanus gründlich widerlegt wurde. Den literarischen Nachlaß des letzteren brachte sein Freund und Arbeitgenosse Bernhard Walther an sich, und vieles davon ist dann in den Besitz der an literarischen Schätzen aus jener Zeitperiode überaus reichen Stadtbibliothek zu Nürnberg übergegangen, besonders Handschriften griechischer Klassiker, wie eigene Werke Regiomontans.