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die durch gute und schlimme Tage sich lebenslänglich treu bewährte. Schon im folgenden Jahre schloß er mit Johann und andern befreundeten Fürsten des nördlichen Deutschlands ein Bündniß zu Schutz und Trutz zu Torgau, dann besuchte er den Speierer Reichstag und half mit Mannesmuth die lutherische Satzung und Kirche vertreten und deren Rechte wahren. Auch mit Melanchton hatte Philipp sich befreundet; er veranstaltete bald nach dem Reichstage ein Religionsgespräch zu Homburg in seinem Lande, öffnete die Klöster, gründete 1527 die Hochschule Marburg, rüstete in Folge der bedenklichen Eröffnungen Otto von Pack’s, deren Wahrheit von den beschuldigten Gegnern hartnäckig abgeläugnet wurde, ein Heer aus, und unterschrieb sowohl 1529 die Protestation der Evangelischen, wie er auf dem Reichstag zu Augsburg fest zu deren Sache stand und sogar Augsburg im Zorn heimlich verließ sammt einigen seines Gefolges, davon jeglicher Mann, gleich dem des Kurfürsten zu Sachsen, auf die Rockärmel gestickt, die bedeutungsvollen Buchstaben V. D. M. I. E. (Verbum Domini manet in aeternum, des Herrn Wort währet in Ewigkeit) zur Schau trug – weil er jenes Reichstags trostlosen Ausgang voraussah und persönliche Hintansetzung vom Kaiser erfuhr.

Bald darauf verband sich Philipp mit den Schweizer Cantonen und Städten Zürich, Bern, Basel und Straßburg auf sechs Jahre zum treuen Zusammenhalt gegen Angriffe wegen der Religion und schloß in seiner Stadt Schmalkalden, wo sich schon in den letzten Tagen des Monat December 1530 zahlreiche Abgeordnete deutscher und schweizerischer Städte, wie Fürsten, Grafm und Herren einfanden, »den christlichen und freundlichen Bund zum Schutz aller gegenwärtigen und künftig noch hinzutretenden Anhänger des Evangeliums.« Philipp und Kurfürst Johann zu Sachsen wurden Häupter dieses schmalkaldischen Bundes, dem auf Philipp’s Betrieb selbst König Christian von Dänemark später beitrat.

Philipp, stets wachsam und thätig, bewirkte die Auflösung des 25 Jahre bestanden habenden »schwäbischen Bundes«, der dem Evangelium hinderlich war. Dieser Bund hatte auch den gegen ihren Landesherrn, Herzog Ulrich von Schwaben, rebellirenden Unterthanen zu dessen Vertreibung Beistand geleistet, Philipp gab dem vertriebenen Herzog Schutz und Schirm und ruhte nicht, bis dieser in sein Land als Regent und in alle ihm widerrechtlich entrissenen Rechte wieder eingesetzt war, was er mit Hülfe eines tüchtigen Kriegsheerrs vollbrachte, das die denkwürdige Schlacht bei Lauffen schlug und die Gegner – das Heer des Kaisern – laufen machte.

Philipp’s Heereszug erregte viel Furcht, Schrecken und Unruhe im Reiche, doch legte ein Vertrag zu Kadan an der böhmischen Grenze alles friedlich bei. Philipp versöhnte auch den Herzog Ulrich von Würtemberg mit dessen Sohne Christoph, welcher später einer der trefflichsten Fürsten wurde – dann zog er das Schwert gegen den Wiedertäuferaufruhr und leistete kriegerischen Zuzug gegen das empörte Münster. Philipp war es nicht minder, der dem Könige Christian III. beistand, das Evangelium in Dänemark einzuführen.

Nach der ebenfalls durch Philipp bewirkten Erneuerung des schmalkalder Bundes im Jahre 1537 auf dem großen Fürstentage zu Schmalkalden wohnte er dem Religionsgespräch zu Regensburg 1541 bei, sah sich zum Kriegszug gegen Braunschweig veranlaßt und eroberte in Gemeinschaft mit dem Kurfürsten zu Sachsen Herzog Heinrich’s Lande, ja er nahm diesen selbst gefangen und hielt ihn so lange in Haft, bis sein eigener Glücksstern sich wandte und zum Unstern wurde. Der Kaiser begann den Krieg gegen den schmalkaldischen Bund, erklärte Philipp in die Reichsacht, demüthigte ihn nach der Schlacht bei Mühlberg in Halle und nahm ihn gegen ausdrückliches Versprechen in Haft. Die so häufig begegnende Erzählung der Umwandlung der Worte »einiges Gefängniß« in »ewiges Gefängniß« durch Granvella in einem der Vermittlungsartikel ist übrigens eine Fabel.

Und in dieser Haft blieb der hochherzige Landgraf 5 lange Jahre, oft nichtswürdig behandelt. Ein Fluchtversuch zu Mecheln, wohin er geschleppt worden war, scheiterte, weil zu viele davon Kunde hatten. – Endlich, als Kurfürst Moritz zu Sachsen, noch dazu Philipp’s Schwiegersohn, dem Kaiser den Passauer Vertrag 1552 abgezwungen hatte, ward auch Philipp frei und kehrte, von tausendfachem Jubel der seinen begrüßt, in sein ihn liebenden Land zurück. Als treuester Anhänger der Reformation leistete Philipp auch den Hugenotten in Frankreich Beistand, durch Geld und Mannschaft, und es ist eine geschichtliche Wahrheit, daß er, der hochherzige, großmüthige Hessenfürst, eine der festesten Säulen der neuen Glaubenslehre war, ihr Stab und ihre dauerndste Stütze. Fest und männlich hielt er an seinem Wort, an seiner Ueberzeugung bis zu seinem Tode, der nach neun und vierzig Regierungsjahren, im 63. Lebensjahre, sanft und schmerzlos erfolgte. Ein Denkmal errichtete ihm der dankbare Sohn Wilhelm, der Weise – ein späteres die dankbare Nachwelt zu Darmstadt; das größte, unvergänglichste hat er sich selbst errichtet. Die Denkmäler stellen den Landgrafen Philipp in den gereiften Jahren nach der Gefangenschaft dar; das obige Bild, einem höchst seltenen gleichzeitigen Holzschnitt entnommen, zeigt ihn in seiner jugendlichen Schönheit und Vollkraft.