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Studien hin, welches ihm so sehr zusagte, daß er förmlich in das Brigittenkloster Altenmünster als Bruder eintrat, doch behielt er sich den Wiederaustritt vor.

Jetzt, 1517, und ferner begannen Luther’s Schriften in die Welt zu fliegen und nach allen Orten und Enden ihre zündenden Geistes- und Lichtstrahlen zu werfen. Oekolampadius las aufmerksam, prüfte lange, wandte sich den ausgesprochenen Ansichten Luther’s zu, und verfiel alsbald, als Ketzer verschrieen, der pfäffischen Verfolgung, die so weit gedieh, daß ihm nur heimliche Flucht aus dem Kloster blieb, um der Einkerkerung zu entgehen. Mittlerweile hatte der unsterbliche deutsche Ritter Franz von Sickingen sein Panier aufgeworfen, und seine Ebernburg zu einem Asyl aller um des Glaubens willen verfolgten gemacht. Dorthin flüchtete Oekolampadius, wurde Sickingens Schloßprediger und lebte im Bunde mit gleichdenkenden Freunden und Genossen, wie Bucer, Caspar Aquila, Schwebelius und Ullrich von Hutten schöne Tage und Stunden, denn es war eine Sonnenaufgangzeit über das deutsche Land gekommen, und jene Männer sangen ihr gottbegeistert die Morgenhora. Leider folgte ihr nur zu früh des edlen Sickingen Todesstunde, und die Genossen zerstreuten sich hierhin und dorthin. Oekolampadius wandte sich wieder nach Basel, wurde dort Pfarrsubstitut an St. Martin, und Professor der Theologie, hatte aber gar manchen harten Strauß mit der Römlingpartei zu bestehen, obschon er sich äußerst gemäßigt zeigte, und kein Freund theologischer Gezänke war. Vom Rathe der Stadt beschützt, wurde Oekolampadius Basels Reformator, so wie später auch der Ulms, denn er taufte und predigte in deutscher Sprache, reichte das Abendmahl in beiderlei Gestalt, verwarf die Messe, das Weihwasser, die zahlreichen Ceremonien der Priesterweihe und predigte nach frei gewählten Texten aus den Evangelien. Die um diese Zeit auftauchende Lehre von der Wiedertaufe verwarf Oekolampadius unbedingt. In der Lehre vom Abendmahl pflichtete er der Auslegung Calvin’s bei, und erfuhr deshalb manchen heftigen Angriff, selbst von dem sonst so geistesklaren Wilibald Pirkheimer, ja selbst mit Luther gerieth er darüber in Zwiespalt, der in Schriften und Gegenschriften ausgefochten wurde. Ein wichtiges Religionsgespräch über diese Angelegenheiten wurde am 21. Mai 1526 zu Baden gehalten, dem Oekolampadius beiwohnte; man kämpfte heftig gegen einander, aber der Sieg blieb, wie es bei entbrannten Meinungskämpfen gar nicht anders sein kann, unentschieden. Der heftigste von Oekolampadius Gegnern war auch der Gegner Luther’s, von der leipziger Disputation her wohl bekannt, der Eiferer Dr. Johann Eck aus Ingolstadt.

Im Jahre 1526 (nicht 1527) verheirathete sich Oekolampadius, der frühere Ordensmann und Klosterbruder, mit Wiprandis Keller (Cellarius) geborene Rosenblatt, und folgte somit Luther’s wichtigem Beispiel, noch in späteren Lebensjahren den Ehestand zu wählen, um eine der strengsten Papstsatzungen umstoßen und beseitigen zu helfen. Sie gebar ihm einen Sohn und zwei Töchter. – Der Streit über die Lehre vom Abendmahl und die Bedeutung der Formel der Einsetzungsworte in den beiden evangelischen Kirchengemeinschaften, der lutherischen und der calvinistischen, wurde selbst auf dem Religionsgespräch zu Marburg, 1529, dem Luther wie Oekolampadius in Person beiwohnten, nicht verglichen und aufgehoben. Oekolampadius führte später, im Jahre 1531, noch in Ulm die Reformation auf den Grund der schweizerischen Kirchenordnung ein, nicht minder in einigen anderen Städten Schwabens, und kehrte darauf nach Basel zurück, wo bald darauf Zwingli’s Tod bei Kappel ihn auf das tiefste erschütterte. Man berief ihn, den warmen Freund des dahingeschiedenen, als dessen Nachfolger nach Zürich, aber Oekolampadius lehnte den Ruf ab, wollte aushalten bei seiner Basler Gemeinde. Im November desselben Jahres erkrankte er, segnete am 23. November seine Kinder und starb gottergeben, wie er gelebt hatte, 49 Jahre alt. Er wurde mit einem höchst ehrenvollen Leichenbegängniß im Kreuzgange der Hauptkirche begraben.