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Ernst, fürchtete die Mensur nicht und suchte sie nicht mit Absicht. Im Jahre 1811 ging Körner nach Berlin, um dort naturwissenschaftliche Studien fortzusetzen, auch Philosophie und Geschichte zu hören; leider nöhigte Krankheit zu einem wiederholten Aufenthalt in Carlsbad, und dann bestimmte der Vater den Sohn, in Wien seine Studien zu vollenden. In edeln, hochangesehenen Familien und Kreisen heimisch und gern gesehen, durch eine reine, hohe Liebe beglückt und gefesselt, verlebte der junge Dichter in Wien eine glückliche Zeit und warf sich ganz in die Arme der Poesie, und zwar zumeist der dramatischen; er dichtete ernste und heitere Stücke, welche durch die Leichtigkeit ihres Versbaues und die Reize ihrer Sprache sich Beifall gewannen, ja sie verschafften ihm die Ernennung zum kaiserlich königlichen Theaterdichter in Wien mit schönem Gehalt und wohlgesicherter Stellung.

Aber Poesie und Liebe allein füllten nicht ganz des Dichters Herz aus, es gab noch ein drittes: das Vaterland. Dieß sah er leiden und bluten, dieß sah er sich ermannen, und dessen Ruf nach dem kräftigen, befreienden Arm seiner Söhne weihte Theodor Körner zum Helden. Dem Vaterlande ein, wie er selbst schrieb: »mit allen Blüthenkränzen der Liebe, der Freundschaft und der Freude geschmücktes Leben zum Opfer zu bringen«, das war es, was ihn groß machte unter den Schaaren begeisterter Männer und Jünglinge, die sich zur Befreiung Deutschlands erhoben. Im März 1813 verließ Körner Wien und schloß sich in Breslau Major von Lützow’s Freischaar an, die in einer schlesischen Dorfkirche feierlich eingesegnet wurde.

Nun wurde Körner ein deutscher Tyrtäos; seine Kriegslieder begeisterten und entflammten, sie gingen von Mund zu Mund, sie weckten den Schlachtenmuth und die Todesverachtung, und neben den kräftigen Liedern Arndt’s wurden sie gleichsam selbst geistige Mitkämpfer in der großen heiligen Sache.

Körner sah, indem er als Oberjäger in Geschäften dem Corps vorauseilte, die Seinen in Dresden noch einmal wieder, dann ging er mit dem Corps nach Leipzig, wurde dort zum Lieutenant ernannt, und nun begann das kriegerische Leben mit seinen mannichfachen Wechselscenen, bald voll Thätigkeit, bald voll stillliegender Unthätigkeit, welche letztere Körner nicht zu ertragen vermochte. Er trat daher nach der Schlacht von Lützen zur Kavallerie und folgte als Lützow’s Adjutant diesem auf einen Streifzug durch die nordthüringischen Gefilde. Bei Kitzen durch verrätherische Arglist schwer am Kopfe verwundet, fand der heldenmüthige Krieger beinahe Gefangenschaft oder Tod, entkam mit Mühe nach Leipzig, wurde dort halb geheilt und mußte fernere Pflege in Carlsbad suchen, bis er im Stande war, über Berlin wieder zu seinem Corps zu gelangen, welches jetzt in der Nähe Hamburgs während eines thatenlosen Waffenstillstandes feierte.

Bald sollte diese Ruhe enden, bald schmetterten aufs neue die Kriegsdrommeten, wieherten die Schlachtrosse, es erneute sich der heilige Kampf, Körner dichtete sein: »Das Volk steht auf, der Sturm bricht los« und nach mehreren Gefechten gegen Davoust sein Schwertlied – sein Schwanenlied –, denn an Lützow’s Seite traf ihn an demselben Tage in einem Gefecht an der Straße von Gadebusch nach Schwerin, nahe einem Gehölze, die feindliche Kugel, die zugleich durch den Hals seines edlen Rosses gedrungen war, und endete ein schönes, reiches, vielverheißendes Leben. Unter einer alten Eiche nahe dem Dorfe Wöbbelin ist des Dichters Grab und Denkmal, viel besucht und mit heißen Thränen oft bethaut.

Für seinen Ruhm konnte Körner nicht schöner enden. Viele seiner herrlichen Lieder lebten auf allen Lippen, sie und das Andenken an seinen Tod für das Vaterland webten ihm die Glorie der Unsterblichkeit; jene gingen wohl zu weit, welche meinten, Körner würde, am Leben geblieben, Schiller an Geisteshoheit und Größe auch in der dramatischen Dichtung erreicht oder in der Ballade ihn noch übertroffen haben; die unselige Neigung der Deutschen, krittelnd zu vergleichen und keinen Tüchtigen in seiner Selbstständigkeit unangetastet zu lassen, hätte sich dann gewiß so lange abgemüht, bis es[WS 1] ihr gelungen wäre, ihm den wohlverdienten Lorbeer zu entreißen – so ging er verehrt, gefeiert und beweint hinüber, und ließ sein Andenken rein und schön zurück im Doppelkranze des Sängers

und des Vaterlandsbefreiers.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: er