Der Vater des neuern deutschen Dramas gegenüber
der uns von den Engländern überkommenen Volksbühne,
schon als solcher des Namens würdig, den er
als Mitglied der fruchtbringenden Gesellschaft führte:
Der Unsterbliche. – Gryphius wurde als Sohn eines
Archidiaconus zu Groß Glogau geboren, besuchte die
Schule zu Görlitz, begann seine Studien zu Fraustadt
und vollendete sie zu Breslau. Er hatte sich dem
Rechtsfach gewidmet, fand aber, 1636 in die Heimath
zurückgekehrt, nicht sofort eine geeignete Stellung, daher
er die Stelle eines Informators bei dem Doctor Georg
Schönborner, Herrn von Schönborn und Zinzendorf
annahm. Dieser Prinzipal des jungen Rechtsgelehrten
hatte eine gründliche Bildung genossen, war ein großer
Verehrer der Wissenschaften, selbst Schriftsteller, Syndikus
in Glogau und wurde Canzler des Grafen von
Schafgotsch, ja kaiserlicher Rath und Fiscal; auch Pfalzgraf
in Niederschlesien und der Lausitz. Ein solcher
Mann konnte nur auf das anregendste und ermunterndste
auf Gryphius einwirken, der sich bereits durch
Sonette und andere lyrische Gedichte einen Namen gemacht
hatte, und er förderte ihn in der That als ein
wahrer Freund und Gönner. Kraft seines Amtes als
Comes palatinus ernannte der Herr von Schönborn
und Zinzendorf noch im letzten Jahre seines Lebens
den von ihm geschätzten Hausgenossen zum Magister
der freien Künste, krönte ihn zum Poeten, verlieh ihm
den Adel und schuf ihm ein Wappen, doch hat der
Dichter nie sein auf diesem Wege erlangtes Adelsdiplom
geltend gemacht. Der Tod des Gönners und
das vollendete Erziehergeschäft lösten Andreas Gryphius
bisheriges Verhältniß, und er begab sich, von immer
noch drohenden Kriegsgefahren umgeben, 1638 nach
Danzig und von da nach Leiden, wo der berühmte
Salmasius, Heinsius u. a. lehrten, wurde von diesen
Männern freundlich und wohlwollend aufgenommen,
und hielt 6 Jahre lang verschiedene wissenschaftliche Vorlesungen. Später begleitete er als Gesellschafter einige
adelige Jünglinge auf Reisen, besuchte England und
Frankreich, auch Italien, und nahm nach der Rückkehr
eine Zeitlang Aufenthalt in Straßburg. Erst 1647
kehrte der vielgewanderte in seine Heimath zurück, wo
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/155&oldid=- (Version vom 23.6.2022)