Unter den Männern von anerkannter Tüchtigkeit, die
mit dem gediegensten Wissen edlen Charakter und tiefes
menschliches Gefühl verbanden, nimmt Germar eine sehr
würdige Stelle ein. Sein Geburtsort war Glauchau
im Schönburgischen; er war der zweite Sohn von vier
Söhnen eines dortigen Kaufmannes und Fabrikanten,
der diesen Sohn nach den Jahren der Kindheit im
Jahre 1797 auf das Lyceum zu Meiningen sandte,
dessen damaliger Rector, der Mathematiker und astronomische
Schriftsteller Conr. Schaubach, sein Verwandter
war. Stand auch in jener Zeit das Gelehrtenschulwesen
besonders in kleinen Städten noch nicht auf der
Höhe der Jetztzeit, so legten doch auch auf jenem Meininger
Lyceum Männer den Grund ihrer wissenschaftlichen
Bildung, deren Namen das Vaterland mit hoher
Achtung nennt, so der Mineralog wie der Doctor
Heim, der in Hamburg verstorbene Philolog Calmberg,
der Historiker Johannes Voigt, und unter andern
auch Germar. Nach beendigtem Gymnasialkursus bezog
letzterer 1804 die Bergakademie zu Freiberg und widmete
sich dem Bergwesen unter dem berühmten Werner, bis
er sich 1807 nach Leipzig begab und bis 1810 einige
Hauptdoctrinen der Naturwissenschaft, Geologie, Mineralogie
und Zoologie studirte, auch über Bergrecht Vorlesungen
hörte. Freunde in Halle, das Germar von
Leipzig aus öfters besuchte, bewogen ihn, sich für die academische
Laufbahn zu entscheiden. Er habilitirte sich dort
1810 und wurde Doctor der Philosophie. Im Jahre
1811 trat er eine Reise nach Dalmatien an, die er
beschrieb und wissenschaftlich, besonders vom mineralogischen
und entomologischen Standpunkte aus, erläuterte,
und im Jahre 1812 begann er seine akademischen
Vorträge als philosophischer Privatdocent. Nach Steffens
Abgang nach Breslau wurde Germar mit der
Aufsicht über das mineralogische Museum betraut, das
er erst ordnen mußte, um es nutzbar zu machen. Die
schwere Zeit der Kriegsjahre brachte der Universität
Halle 1813 ihre Auflösung; nach deren Wiederherstellung
fehlte es an Studirenden, und Germar’s Lage
war, obschon er 1816 zum außerordentlichen Professor
ernannt wurde, eine mißliche, und er machte traurige
Erfahrungen, die in ihm den Wunsch weckten, Halle
Ludwig Bechstein: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen. Georg Wigand's Verlag, Leipzig 1854, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zweihundert_deutsche_M%C3%A4nner_in_Bildnissen_und_Lebensbeschreibungen.pdf/137&oldid=- (Version vom 14.12.2022)