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Formen, weil sie durch solchen Verzicht instand gesetzt werden, eine zu bestimmte Wiedergabe des Wirklichen zu vermeiden, die bloße Nachahmung wäre, und eine zu bestimmte Verwirklichung des Ideals, die zu rein intellektuell wäre. Gerade durch ihre Unvollkommenheit wird die Kunst an Schönheit vollkommen und wendet sich also nicht an die Kategorie der Erinnerung oder der Vernunft, vielmehr allein an den ästhetischen Sinn, der Vernunft und Erinnerung als Stadien des Auffassens akzeptiert, beide aber einer rein synthetischen Impression des Kunstwerks als Ganzes unterordnet, alle Gefühlselemente, die das Werk sonst noch besitzen mag, aufnimmt und eben diesen Komplex als Mittel benutzt, durch das zur eigentlichen Impression selbst eine reichere einheitliche Gesamtwirkung hinzukommt. Du siehst also, wie es kommt, daß der ästhetische Kritiker solche Selbstverständlichkeitsformen in der Kunst verwirft, die nur einen einzigen Sinn mitzuteilen haben, und wenn das geschehen ist, taub und unfruchtbar werden, und lieber nach solchen Formen ausblickt, die Traum und Stimmung hergeben und durch ihre phantasieerfüllte Schönheit alle Deutungen wahr und keine Deutung endgültig machen. Einige Ähnlichkeit wird ohne Zweifel das schöpferische Werk des Kritikers mit dem Werk haben, das sein Schaffen angeregt hat, aber es wird so eine Ähnlichkeit sein, wie sie besteht, nicht zwischen der Natur und dem Spiegel, den der Landschafts- oder Porträtmaler der Natur wohl vorhält, sondern zwischen der Natur und dem Werk des dekorativen Künstlers. Gerade wie auf den blumenlosen persischen Teppichen Tulpe und Rose in der Tat blühen und lieblich zu beschauen sind, wenn sie schon nicht in deutlich erkennbarer Gestalt oder Linie wiederholt sind; gerade wie