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Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.

Er knieet nieder neben ihr,
     und fleht mit brünst’gem Herzen:

280
„Herr, du mein Gott, nun gieb auch mir

     das Ende meiner Schmerzen!“
Er betet lang, er weint sich satt,
und sinkt dahin, vom Jammern matt;
     der Morgen sah dort oben

285
     die Beiden sich verloben. –


Die kleine Fischerhütte schwand
     seit vielen vielen Jahren
vom grünumlaubten Uferrand,
     wo sie nach Reisern waren;

290
vermorscht im finstern Kämmerlein

ist längst der Liebenden Gebein;
     nur Trudchens Küsse schimmern
     noch mit unstetem Flimmern.

Sie löscht kein Regen, löscht kein Thau,

295
     sie hüpfen vom Gestade

herüber über Feld und Au,
     zickzack auf lust’gem Pfade.
Sie lockten Manchen querfeldein,
der sie, weil ihr unsichrer Schein

300
     bald hier, bald dorten brannte,

     aus Rach’ Irrlichter nannte.

Und wo der Nix die Dirne stahl,
     ist’s Wasser grundlos worden,
es dreh’n die Wellen ohne Zahl

305
     im wilden Wirbel dorten.
Empfohlene Zitierweise:
Widar Ziehnert: Sachsen’s Volkssagen: Balladen, Romanzen und Legenden. II. Band.. Rudolph & Dieterici, Annaberg 1838, Seite 069. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ziehnert_Sachsens_Volkssagen_II_069.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)