die Frage, ob Karl IV. überhaupt eine Reform des eigentlichen Wahlverfahrens durch sein Gesetz beabsichtigte und in Wirklichkeit auch einführte, einer neuen und eingehenden Prüfung.
Da sich in dem Gesetze selbst ausdrückliche Anordnungen in dieser Richtung nicht finden, so sind wir genötigt, die Formen, in denen sich die der Goldenen Bulle unmittelbar vorhergehenden Königswahlen vollzogen, mit denen der nächsten ihr folgenden Wahlen, sowie mit den in dem Gesetze selbst vorausgesetzten oder angeordneten Wahlformen zu vergleichen, um daraus Schlüsse auf die Stellung der Goldenen Bulle in der Entwicklung der Formen des Königswahlrechts zu gewinnen.
Die letzten Wahlen vor dem Erlaß der Goldenen Bulle, über deren Formen wir eingehendere Mitteilungen erhalten, sind die der Jahre 1308 und 1314, da wir über den Hergang bei der Wahl Karls IV. selbst gar nichts Genaueres erfahren, und die Vorgänge bei der Wahl des Gegenkönigs Günther sich als tastende Versuche, unter den ungewöhnlichen Verhältnissen neue Formen zu finden, darstellen, wobei vielleicht auch der Mangel an Sachkunde der beteiligten Wähler mit in Betracht kommt.
Wir stellen im folgenden zunächst zusammen, was die Wahldekrete von 1308 und 1314 über die Wahlhandlung im engeren Sinne berichten.
1. Wahldekret für Heinrich VII. (1308)[1]: Et demum post tractatus prehabitos ..... in illustrem virum Henricum comitem ..... nostrum intuitum divina disponente clementia convertentes, ego Baldewinus Treverensis archiepiscopus pro me et nomine meo, prefatus Henricus Coloniensis archiepiscopus pro se et nomine suo ac iam dictus archiepiscopus Maguntinensis pro se et nomine suo, ego vero Rodolphus dux Bawarie pro me et nomine meo, ego quidem Rodolphus dux Saxonie pro me et nomine meo similiter et ego Waldemarus marchio Brandenburgensis prenarratus pro me .... votis nostris et aliorum coelectorum nostrorum predictorum per Coloniensem archiepiscopum predictum vice et ex mandato speciali omnium nostrorum coelectorum predictorum diligenter inquisitis, nos et dicti alii coelectores nostri omnes
et singuli ..... consensimus concorditer in eundem comitem
- ↑ MG. Const. IV, Nr. 262, S. 229.
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/217&oldid=- (Version vom 1.8.2018)