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Zur Zeit des Glückes, wenn holde Gestirne regieren, schwätzet die Zunge gern, erlaubt sich alles, und will den Namen einer beherzten Sprecherin für Freiheit und Rechtschaffenheit davon tragen.
Es fehlet ihr auch nicht an Schmeichlern, denen die Schamlose Frechheit, über alles und gegen alle zu reden, wohlgefällt.
So schwatzte die Zunge einst in begünstigten, glücklichen Zeiten; wer aber diese Frechheit nicht ertragen konnte, war das Herz.
Das männliche Herz hatte andre, schwerere Zeiten erlebt und sich unter den Schrecknissen der Tyrannei tapfer geübet. Es hatte Zeiten erlebt, da die Religion verachtet, das Verdienst unter die Füße getreten war. Talente hungerten, die Gerechtigkeit erröthete, die Schaam war Landes verwiesen.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)