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oder wie er sich ausdrückte, schäbichten Edelmann, den er vormals zum Himmel erhoben hatte; g)[1] sondern wollte auf der andern Seite gegen


  1. g) Quod Hutteni colloquium deprecabar, non invidiao metus tantum in caussa fuit; erat aliud quiddam, quod tamen in spongia non attigi. Ille egens et omnibus rebus destitutus quaerebat nidum aliquem, ubi moraretur. Erat mihi gloriosus ille miles cum sua seabie in aedes recipiendus. So schrieb Erasmus an Melanchthon; und zu eben der Zeit an einen andern:Fuit Huttenus paucorum diorum hospes: interim nec ille me adiit, nec ego illum. Et tamen si me convenisset, non repulissem hominem a colloquio. Den Brief, den Erasmus an Hutten den Tag vor Ostern 1523. schrieb, kann man bei Wagenseil (Hutten. opp. Lips. 1783. S. 328) den Brief, den er an den Zürcher-Rath unterm 10. Aug. 1523. also wenige Tage vor Huttens Tode schrieb, kann man in Schubarts Ulrich von Hutten S. 146. lesen. Im letzten warnt er den Rath, und zwar eines Büchleins wegen, das Hutten gegen ihn schreibe (und Erasmus noch nicht gesehen hatte,) vor dem verbannten, äußerst dürftigen, Todkranken Manne als dem gefährlichsten Ruhestörer. Er will es ihm zwar nicht „verbunnen, daß die Gütigkeit des Zürcherraths ihn dort liesse wohnen, räth den Herren aber[381] sehr an, seinen Muthwillen ein wenig zu zähmen, damit würden sie nicht sowohl ihm, als andern Künsten, die dadurch befleckt sind, einen grossen Dienst und Nutzen beweisen.“ Hutten bat sich Erasmus Schreiben noch unterm 15. Aug. zur Verantwortung aus; und den 29. Aug. starb er. Ein Zürcher Gelehrter sollte Erasmus Briefe an Zwingli bekannt machen, in denen um diese Zeit gewiß auch von Hutten manches vorkommen wird. Tantae animis coelestibus irae!

    Rückst du dem Unglückseligen noch sein trauriges Schicksal
         Vor, als wäre das Glück, wäre der Zufall ein Gott?
    Ward Aeneas nicht auch und Ulysses lange verfolget?
         Und war Jener und Er nicht ein rechtschaffener Mann?
    Der du das Unglück nur als Schuld betrachtest, o fürchte,
         Daß auch Deiner sich einst Niemand im Leiden erbarmt.
     Hutten.

    Melanchthon dachte hiebei billiger und gerechter. Als der Poet Nachtigall (Luscinius) den todten Hutten mit Versen verfolgte, sagte er auf ihn die Verse.

    Der du, o Grausamer noch, unglückliche Leichen zerreißest,
    Nenne dich Nachtigall nicht, nenne dich Geier hinfort.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/380&oldid=- (Version vom 1.8.2018)