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ganze Einfaßung der christlichen Liturgie insonderheit in der Griechischen und Römischen Kirche Gesang ward; auch die Syrische und keine andre hat sich davon ausschliessen mögen. Vom frühesten Stral der Morgenröthe beginnet der Gottesdienst mit Versikeln und Intonationen, Antiphonieen und Doxologieen; Psalmen und Hymnen wechseln; die Lesungen und Gebete, die Ermahnungen ans Volk sind gleichsam nur zwischengestreuet. Das Christenthum nämlich begann bei Völkern, die voll lebendiger Einbildungskraft und von großer Reizbarkeit waren; diese liebten Erweckungen des Herzens, einen Aufschwung der Phantasie durch Ohr und Auge. Und da ihnen, angezeigtermaassen, das Psalmbuch der Juden, sammt der Poesie und Tonkunst ihrer Landessprache, ja der Inhalt und Zweck der Religion nach Beschaffenheit der damaligen Zeiten, und des früheren Gottesdienstes, an welchen sie von Kindheit auf gewöhnt waren, zu Hülfe kam; so ward aus Gesängen und Sprüchen

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/319&oldid=- (Version vom 1.8.2018)