zu regen. Und zwar ist es Tempel- und Chorgesang. Dieser Charakter ist ihnen mit dem Parallelismus ihrer kurzen Verse und Glieder unaustilgbar eingepräget: daher auch ins Christenthum mit ihnen sogleich die zwo Stimmen, (Priester und Volk,) die Antiphonieen kamen. Mußte Musik nicht die Basis eines öffentlichen Gottesdienstes seyn, dessen Religion sich die ganze Schöpfung, ja die Freuden des Himmels selbst als einen Tempel- und Lobgesang, als ein ewiges Hallelujah gedachte? Das Dreimal-Heilig, das Ehre sei Gott in der Höhe, daß ewige Hallelujah der Schöpfung bewegte, also auch das Schiff der christlichen Kirche; in Hölen und Tempeln ward ihre Gemeine davon ein leises oder lautes Echo.
Damit schliesse ich nicht aus, daß nicht auch Griechische und Lateinische Modulationen den christlichen Kirchengesang bestimmt haben: die alten Hymnen zeigen dies unwidersprechlich. Nothwendig mußte das Christenthum, sobald es aus
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/315&oldid=- (Version vom 1.8.2018)