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in Beziehung auf sich selbst und auf andre mit ihm lebende Wesen: er nennt die Eigenschaften seines angebeteten Gegenstandes mit tausend Namen, deren ganzer Inhalt dieser ist: „Du bist groß; sei auch gut! schade mir nicht, hilf mir!“ Wenn endlich der Geist sich zum höchsten Ideal der Schöpfung, zu Gott, erhebt; ein Meer, in dem alle Vollkommenheiten zusammen fliessen; ein Mittelpunkt, aus welchem alle Radien strömen: was kann ein Wort an ihn seyn, wenn es ein Wort seyn soll, als Hymnus? „Von Dir, durch Dich, in Dir bin ich; zu Dir gehe ich wieder. Du bist alles, Du hast alles, Du gabst mir alles; gib mir das Edelste, Dir ähnlich zu seyn; hilf mir!“ Alle Völker, die Gott erkannten, haben in Hymnen solcher Art ihr Herz ausgeschüttet und ihre Vernunft gesammlet; auch in der höchsten Poesie ist der Plan solcher Lobgesänge äußerst einfach.

Es giebt nämlich zweierlei, physische und historische Hymnen. Jene wenden sich an

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/313&oldid=- (Version vom 1.8.2018)