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Kennzeichen eines glückseligen Lebens.


Ach, wie glückselig ist das Leben,
Dem keines andern Will gebeut,
Der ohne Mißgunst, Neid und Streit,
Sieht andrer Glück vorüber schweben.

     Der seine Wünsche selbst regieret,
Indeß sein frommer deutscher Muth
Ist sein bewehrter Schutz und Hut,
Darunter sein Herz triumphiret.

     Der kein Geschrey noch Lob begehret,
Dem Wahrheit ist die größte Kunst,
Den Fürsten- oder Pöbel-Gunst,
Den Furcht und Hofnung nicht bethöret.

     Der die Fuchsschwänzer fort läßt gehen,
Nicht speisend sie von seinem Gut;
Und dessen Fehl, Fall und Armuth
Kann seine Hasser nicht erhöhen.

     Der selbst nicht weiß, wie übel schmerzet,
Des Bösen Lob, des Frommen Fluch;

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/293&oldid=- (Version vom 1.8.2018)