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derselben Machwerk; so daß nach Luther beinah der einzige Paul Gerhard, (und wie spät lebte dieser!) unter den Liedersängern hervorschimmert. 33)[1] Eine poëtische Reformation bewirkte Luther also nicht; (dessen er sich auch nicht anmaaßte;) vielmehr gaben die dogmatischen Streitigkeiten, die durch seine Reformation entstanden, dem Geist der Gelehrten eine ganz andre, ziemlich unpoëtische Wendung. Die lateinischen Schulen, die Melanchthon und andre verdiente Männer beförderten, zogen den etwannigen Genius der Deutschen zur lateinischen Poesie herüber; und da mit dem obersächsischen Dialekt, der durch Luthers Bibelübersetzung und Schriften allgemach zur Büchersprache ward, die Mundarten andrer Provinzen in den Schatten gedrängt wurden: so gingen auch die in ihnen vorhandenen poëtischen Producte des obern und niedern Deutschlands auf eine Zeitlang und für die meisten Provinzen


  1. 33) Barth. Ringwalds treuem Eckard u. a. lasse ich auch ihr Recht wiederfahren.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/263&oldid=- (Version vom 1.8.2018)