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     Th. Nun so wissen Sie, wie frey und zwanglos es im Reich der Geister zugeht. Darum liebt auch die Kindheit Träume der Art sehr, weil sie sich mit ihren Träumen mischen, und dieselbe wie durch Urkunden aus einer andern Welt zu bekräftigen scheinen. Für mich, der ich in Gedichten so was gelten lasse und es früher gerne las; in den Jahren, wo ich jetzt bin, begnüge ich mich, die Träume der Vorexistenz aufzugeben und meine Seele in ihren jetzigen Banden, in ihrer armen Wirklichkeit zu studieren –

     Ch. Und was studieren Sie an ihr aus?

     Th. Aus? Das weiß ich nicht. Aber an ihr zu studieren, dünkt mich, nutzet viel; und ich wollte, daß wirs auch zu diesem Zweck an unsern Kindern thäten.

     Ch. Zu diesem Zweck?

     Th. Dazu, daß wir auf ihre ersten Eindrücke, auf die Art und Würkung derselben in ihren Seelen, auf die geheimen Ideen und Bilder merken, mit denen sie sich in der Stille tragen,

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_262.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)