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ertragen könne. Im Gewühl deiner Farben und Gestalten hingegen verwirret sie sich nie, und hat gar, wie du selbst gesagt hast, noch etwas nöthig, was über alle Erdgestalten hinausgehet, um sich nur einigermaßen gegen das leere Wiederkommen derselben zu sichern. Bey mir hat sie dieß nicht nöthig: meinen Empfindungen bleibt jede Erdenatur unendlich nach, und sie wird lange von Stufe zu Stufe steigen, ehe sie das Tongebäude der allgemeinen Vollkommenheit nur in einigem Umfange, mit einiger Fortdauer seiner ewig steigenden Melodie empfindet –

     Indem die Tonkunst dieses sprach, und das ganze Gefühl der Begeisterung davon in ihrem Gesicht, in ihrer Gebehrde zeigte, hatte sich die Muse Urania zu ihr gesetzt, und sie umfasset mit ihren Armen. Auch die Augen der jungen Poesie waren auf sie geheftet, und fast wären ihre Worte selbst zu Tönen geworden, die Wirkungen ihrer Kunst dem ganzen Olympus zu zeigen. Aber Vater Apollo fiel ihr zu rechter Zeit ins Wort, und gab ihr zu verstehen, daß hier nur von Erde-Musik

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_167.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)