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selbst, von dem ich zu sagen wage, daß seine Theorie auch von Lessing noch nicht eigentlich entwickelt seyn dürfte. Lasset uns unsern Weg so ruhig anfangen, als ob in Griechenland alle die schönen und rührenden Inschriften selbst uns zu sich lüden.

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     Sprache ist das Vorrecht des Menschen, und auch das Siegel, mit dem er sogern alles in der Natur bezeichnet. Wir genießen eine Sache nur halb, wenn wir unsern Genuß nicht ausdrücken, und entweder durch Sprache oder Schrift andern mittheilen können. Wenn auch niemand da wäre, der uns lese oder höre; wir sprechen, wir schreiben, gleichsam nur um Besitz von der Sache zu nehmen, und uns unsers Genußes zu vergewissern.

     Ich genieße z. B. einen schönen Baum, eine reizende Gegend; warum spreche ich mit diesem Baum? was zwingt meine Hand, es auch denen, die nicht mit mir sind, zu melden? Der Baum hört mich nicht: den Abwesenden, dem

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_132.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)