Seite:Zerstreute Blaetter Band III 209.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Alles versagt zu seyn, Stamm und Aeste, Blüthen und Früchte; aber so wie ich bin, will ich hoffen und warten.“ Er sank danieder, und seine Zweige weinten.


Nicht lange wartete und weinte er; siehe da trat die Gottheit der Erde, der freundliche Mensch zu ihm. Er sah ein schwaches Gewächs, ein Spiel der Lüfte, das unter sich sank und Hülfe begehrte. Mitleidig richtete ers auf und schlang den zarten Baum an seiner Laube hinauf. Froher spielten anjetzt die Lüfte mit seinen Reben, die Glut der Sonne durchdrang seine harten, grünenden Körner, bereitend in ihnen den süßen Saft, den Trank für Götter und Menschen. Mit reichen Trauben geschmückt neigete bald der Weinstock sich zu seinem Herren nieder und dieser kostete seinen erquickenden Saft und nannte ihn seinen Freund, seinen dankbaren Liebling. Die stolzen Bäume beneideten ihn jetzt: denn viele

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_209.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)