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der Erfahrungssatz oder die praktische Lehre anschaubar, mithin wird wirklich Eine Handlung oder Begebenheit zur Anwendung für eine Andre als Allegorie gedichtet. - - Daß wenn unwichtige Erfahrungssätze eingekleidet oder alberne Mährchen zu nützlichen Lehren allegorisirt werden, auch alberne Allegorieen daher entstehen müssen, ist unzweifelhaft; die Schuld dieses Fehlers aber liegt am Bearbeitenden, der so schlechte Materialien wählte, nicht aber am Wesen der Kunst seiner Bearbeitung. - Gleichergestalt ist das Wort, Einkleidung, der Fabel eigentlich nicht anstößig; es steht auch der anschauenden Erkänntniß nicht entgegen. Von uralten Zeiten an hat man den Ausdruck geliebt, daß die Wahrheit, die sich selten nackt zeigen dürfe, sich angenehmer und anständiger einkleide. Die besten Fabeldichter haben sich diese Idee zum Zweck gesetzt n)[1] und fanden sich glücklich, wenn sie der nackten


  1. n)Gleims, Lichtwehrs und a. erste Fabel.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_161.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)