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nicht im Gegenstande, sondern in unsrer Seele, in der Natur unsres Organs und geistigen Sinnes, der sich in jedem Mannchichfaltigen immer ein Eins schafft, mithin immer, verständig oder unverständig, träumt und dichtet: so dürfen wir nur auf die innere Gestalt und eigne Art, oder gleichsam auf den Habitus unsrer Bilder-schaffenden Seelenkraft merken, so wird sich daraus die Art und Lieblingsmanier aller menschlichen Dichtung leicht ergeben. Wir dichten nämlich nichts, als was wir in uns fühlen: wir tragen, wie bei einzelnen Bildern unsern Sinn, so bei Reihen von Bildern unsre Empfindungs- und Denkart in die Gegenstände hinüber und dies Gepräge der Analogie, wenn es Kunst wird, nennen wir Dichtung. Wir wollen nur drei Hauptstücke des Habitus unsrer Empfindungsweise auszeichnen; alle andern werden sich daraus von selbst ergeben.

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_110.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)