Seite:Zerstreute Blaetter Band III 106.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Grazie werth, die du eben durch ihn dem ganzen Kunstwerk raubtest? Am Materiellen des Bildes liegts eigentlich nirgends; allenthalben aber am schaffenden Geist, der das Ganze erfand und es noch jetzo hält und belebet.


6. Also auch über den Grad der Lebhaftigkeit in den Bildern lassen sich eigentlich keine allgemeinen Gesetze geben. Jedes Kunstwerk hat seinen Ton, seine fortgehaltene Melodie, in der nichts vorschreien, nichts verstummen muß; eine wachsende oder abnehmende Empfindung stimmt diese Modulation von Anfange bis zu Ende. So ists mit der Arbeit eines jeden Dichters, Schriftstellers und Künstlers: er haucht dem Werk seinen Genius ein, daß es seinen Ton tönet. Lebhaftigkeit der Bilder ist nirgend weder der Wahrheit noch Klarheit derselben entgegen; sie muß, wenn sie rechter Art ist, von jener unterstützt werden und diese

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_106.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)