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aus dem Paradiese kommt täglich seine Asche zu kühlen. Bestehet er übel, so leidet er die Schmerzen des Grabes. Mit eisernem Stabe werden ihm die Glieder zerschlagen, und seine Sünden, in Gestalt der Würme, nagen seinen Leichnam. Nach einer andern Tradition bleibt die Seele des Menschen eine Zeitlang am Grabe schweben, mit der Freiheit hinzugehen, wohin es ihr gefällt. (Ohne Zweifel war dies die alte Meinung, die Muhammed vorfand und aufnahm. Jene grausere Vorstellung war Rabbinisch. – Er soll die Seelen der Vorfahren fleißig bei den Gräbern gegrüßt haben, denn der alte Gebrauch, die Gräber der Anverwandten zu besuchen, ließ sich nicht gern stören.) Oder sie giengen in eine Art mittlern Zustandes und kosteten, wenn sie gut gewesen, zuerst als schöne grüne Vögel von den Früchten des Paradieses; dahingegen die Seelen der Bösen in eine Grube geworfen wurden. Nur wenige Heilige und Gerechte steigen sogleich ins Paradies, wo

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/129&oldid=- (Version vom 1.8.2018)