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vorgenommene Wahl „interpretatione iuris“ einer einhellig zu Stande gekommenen vollkommen gleichgehalten, als electio concors betrachtet wurde[1].

Diese Rechtsgedanken, die uns in ihrer Anwendung auf die deutsche Königswahl zum ersten Male in den beiden Appellationen Ludwig des Bayern begegneten, drangen immer tiefer in das Rechtsbewusstsein des deutschen Volkes ein. Zwar beobachten wir auch noch weiterhin die Auffassung, dass die Wahl einmüthig sein müsse, und daran hielten namentlich die Städte am entschiedensten fest und erklärten, wie schon zur Zeit des rheinischen Bundes, dass sie nur einen einstimmig gewählten König als solchen anerkennen müssten[2]. Aber die neuen Anschauungen beherrschen bereits vollständig das berühmte Weisthum von Rense[3], nicht minder die wenige Tage später erlassene Constitution: Licet iuris[4], ferner den dieser Zeit angehörenden Bericht des Nicolaus Minorita[5], den Beschluss einer Fürstenversammlung zu Cöln aus dem Jahre 1344[6], endlich den Bericht, den uns Mathias Neuenburg über die im Jänner 1348 durch die bayerische Partei vollzogene Wahl Eduards von England[7],

  1. c. 12: quando autem alius est electus a maiori parte principum, ut in casu nostro, nec in hoc incidit aliquod probabile dubium iuris vel etiam facti, non est dicenda talis electio discors, nec dicuntur vota principum dividi, sed potius electio huiusmodi dicitur iuris interpretatione concors. In c. 6 nennt er die Wahl Ludwigs quasi concors und erklärt ausdrücklich, dass wie der einmüthig, so auch der mit Majorität Gewählte den königlichen Namen führen und die Rechte eines Königs sofort ausüben dürfe.
  2. Urk. vom 6. Juni 1348, in Forschungen zur deutschen Geschichte, Bd. 15. S. 394. Vgl. auch Harnack a. a. O. S. 67, namentlich die Note 2 citirte Stelle und MG. Constitutiones Bd. II. S. 589 Pkt. 7 und S. 594 Pkt. 3–5.
  3. Urk. vom 16. Juli 1338 Rense, bei Altmannn und Bernheim a. a. O. S. 43.
  4. Urk. vom 3. August 1338 Frankfurt. Ebenda S. 44. Freilich wird in ihr die Möglichkeit einer Majoritätswahl nur vorausgesetzt, aber nicht reichsgesetzlich fixirt.
  5. Böhmer, Fontes rerum Germanicarum Bd. IV. S. 594 ff. Artikel II–IV. Es ist dies eine Privatarbeit, die soweit sie das deutsche Reichsrecht heranzieht, auf der Sachsenhauser Appellation und den Beschlüssen von Rense fusst.
  6. Müller a. a. O. Bd. II. S. 300a u. 337.
  7. Böhmer, Fontes Bd. IV. S. 253: tamquam electores principes maiorem partem facientes in E… in R. r. concordaverunt eligendum.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_205.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)