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Papste gegenüber mit allem Nachdrucke, um ihn von der alleinigen Giltigkeit seiner Wahl zu überzeugen, die ja in derselben Weise zu Stande gekommen war, wie die Päpste dies für ihre Wahl verlangten. Damit hatte Ludwig aber bereits den deutschen Rechtsboden verlassen.

In der Sachsenhauser Appellation wurde sogar jene Rechtsbelehrung verwerthet, die seinerzeit von König Richard dem Papste zur Entscheidung des Thronstreites vorgelegt worden war. Sie diente für diese Appellation geradezu als Vorlage, aber die darin enthaltenen Normen, die man schon seinerzeit als althergebrachtes Gewohnheitsrecht hinstellte, wurden nun durch Einfügung des Majoritätsgedankens, der ihr selbst völlig fremd war, umgestaltet[1]. So sprach dann gewissermassen schon das alte Herkommen des Reiches für die Giltigkeit der Wahl Ludwigs und gegen jene seines Gegners. Anders als zu Richards Zeiten war die Wahl jetzt auch dann noch „in concordia“ vorgenommen, wenn nur die Stimmen der Mehrheit der Kurfürsten einer Person zugefallen waren[2].

Dadurch war aber auch im Falle der Erwählung von Gegenkönigen von vornherein nur mehr eine Wahl als giltig anzusehen, nämlich diejenige, für welche die Mehrheit der Stimmen innerhalb des ganzen Collegiums sich entschieden hatte. Für Ludwig selbst lag dann überhaupt keine zwiespältige Wahl vor, sondern Ludwig konnte sich als den allein berechtigten König bezeichnen und der Wahl seines Gegners jegliche Geltung absprechen, da sie nicht am richtigen Orte, nicht zur richtigen Zeit, endlich aber auch, weil sie von einer minor pars vorgenommen worden war.

Das Aufkommen dieser mit den germanischen Ideen völlig unvereinbaren Anschauung lässt sich nur aus dem Umstande

    Appellation, indem er vom Papst sagt: iste autem … electionem de nobis factam non solum a maiori parte, immo a duabus partibus electorum … falso et mendaciter dicit esse in discordia celebratam. Und an einer andern Stelle sagt er: praeterea electione nostra a maiori parte immo a duabus partibus principum facta, et quae ex causis evidentibus et notoriis pro concordi debet haberi.

  1. Auf diesen Zusammenhang hat schon Müller a. a. O. Bd. I. S. 78 ff. und 359, Bd. II. S. 300a kurz hingewiesen.
  2. Ohlenschlager, Staatengeschichte S. 124 und oben S. 201 Note 4.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_202.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)