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kirchlichen Urkunden nachweisen[1]. Auch die Worte „per eos vel maiorem partem eorum“ lehnen sich an kirchliche Formen an. So erfolgte z. B. die electio in communi nach Goffredus de Trano u. A. bald im Namen Aller, bald nur in jenem der maior pars, je nachdem die minor pars ihren Widerspruch aufgegeben hatte oder nicht[2].

Eine durchgreifende Wandlung in den Rechtsanschauungen über die Erfordernisse einer giltigen Königswahl trat in Deutschland erst seit den Kämpfen Ludwig des Bayern mit der römischen Curie ein[3]. Bekanntlich suchten die beiden Gegenkönige, deren jeder von seiner Partei nach althergebrachter Sitte einmüthig gewählt worden war, die Entscheidung über die Frage, wem die Krone gebühre, in der Schlacht[4]. Bei Mühldorf wurde Friedrich völlig besiegt, er und sein Bruder fielen in die Gewalt des Siegers, somit war Ludwig alleiniger König, und der Papst, an den Ludwig sich niemals um Entscheidung dieses Streites gewendet hatte, konnte keinerlei Recht, etwa als Schiedsrichter zwischen den streitenden Theilen aufzutreten, beanspruchen. Nichtsdestoweniger versuchte gerade Johann XXII. die Verhältnisse, in Deutschland

  1. So im Schreiben Papst Innocenz IV. an den König von Böhmen vom 21. April 1246: de imperatore provisum, oder im Schreiben Papst Alexander IV. an den Erzbischof von Mainz vom 28. Juli 1256: de advocato vel defensore … provideri. MG. Constitutiones Bd. II. S. 455 und Epist. saec. XIII., Bd. III. S. 399. Freilich kommt die Wendung wohl im Anschlusse an die kirchlichen Formularien auch in der Reichskanzlei in Gebrauch.
  2. Summa de electione et electi potestate c. 9.
  3. Vgl. zum Folgenden C. Müller, Der Kampf Ludwig des Bayern mit der römischen Curie. 2 Bde.
  4. So schon die Urban IV. vorgelegte Rechtsbelehrung: si … duo in discordia eligantur, vel alter electorum per potentiam obtinebit, vel ad praedictum comitem Palatinum, tamquam ad huiusmodi discordiae iudicem est recursus habendus, ni forsan super electione vel coronatione huiusmodi suborta discordia, per appellatiquem vel querelam praedictorum principum ad examen sedis apostolicae, quo casu ipsius est in tali causa cognitio, deferatur. MG. Constit. Bd. II. S. 525 i. f. Früher (1202) behaupteten die Wähler Philipps, dass ein Zwiespalt nur durch freiwillige Einigung der Wähler zu beseitigen sei, aber diese Worte richten sich hauptsächlich zur Abwehr gegen das Eingreifen des Papstes. Vgl. dazu auch die Erklärungen der Sachsenhauser Appellationsschrift von 1324 (s. S. 201 Note 3) und den Bericht des Nicolaus Minorita von 1338 (s. unten S. 205 Note 5).
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_200.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)