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Mehrheit die Folge verweigern und so das Zustandekommen eines Beschlusses überhaupt hindern, aber sie handelte dabei auf ihre Gefahr. That sie das nicht, dann musste sie vor dem Rechte des Stärkeren ihren Widerspruch aufgeben, den Beschluss der Majorität zu dem ihrigen machen, oder sich von der Versammlung entfernen, und zu einem von beiden konnte sie wohl auch gezwungen werden.

Aehnliches gilt auch für die deutsche Königswahl. Auch sie trägt den Typus eines einstimmigen, von allem Volke gebilligten und anerkannten Beschlusses[1]. Damit sie einhellig zu Stande käme, wurden vorher zwischen den grossen Herren Vorverhandlungen gepflogen, und begreiflicherweise lag gerade in diesen das Schwergewicht, und die darauf folgende Kur war nur die Wiederholung des schon vorher gewonnenen Ergebnisses. Der Vorgang dabei war, soweit uns Nachrichten vorhanden sind, ein sehr einfacher. Lag keine Designation vor, so einigten sich die grossen Herren anfangs in freier Verhandlung, so gut es eben ging, über die Person des künftigen Königs. Späterhin dürfte es zu einer förmlichen Abstimmung gekommen sein[2]; aber ein Abgeben der Stimmen für mehrere Candidaten war ganz unbekannt; daher kam es auch zu keinem gegenseitigen Abwägen der Stimmen. War für den in Aussicht genommenen

    279, 513, Bd. III. S. 411 u. 415. In all’ diesen Stellen handelt es sich um die Wahl von Beamten der Markgenossenschaften. Sie wurde mit Stimmenmehrheit vollzogen, wobei der Mehrheit insofern eine Macht über das Recht einer widersprechenden Minderheit eingeräumt wurde, als die Regel galt, dass die Minderheit der Mehrheit folgen solle. Dieselben Grundsätze bestanden für andere Beschlüsse in Markangelegenheiten. Vgl. insbesondere Ssp. Ldr. II. 55: svat so die burmester schept des dorpes vromen mit wilkore der merren menie der bure, dat ne mach die minre deil nicht wederreden. Dann das Weisthum von Nefftenbach: „was der merteil über einkompt, das soll der minderteil folgen“. Grimm a. a. O. Bd. I. S. 78, 533 u. 534, auch die Glamer Landessatzung von 1387: und sol der miner teil dem merenteil volgen. Gierke a. a. O. Bd. II. S. 230 Note 146 ff., S. 478 Note 8–10.

  1. Seeliger in der 2. Auflage von Waitz VG. Bd. VI. S.203.
  2. Dies nimmt jetzt Mayer und mit ihm Lindner an, und ich glaube mich ihnen anschliessen zu sollen. Vgl. dazu die Belege bei Lindner, Hergang etc. S. 28 ff. Dies bedeutet auch das Wort „irwelt“ im Ssp. Ldr. III. Art 57.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_188.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)