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Collation der Stimmen waren ihr gegenüber nur vorbereitende, aber nothwendige Handlungen, die dazu dienen sollten, die zu wählende Person zu bestimmen. Der einzelne an und für sich zur Wahl Berechtigte nannte den Scrutatoren jenen Candidaten, den er nach seinem besten Wissen und Gewissen in diesem Falle für den geeigneten erachtete. Das Ergebniss dieser Abstimmung wurde in der Versammlung sofort publicirt und die Abzählung der Stimmen nach numerus, zelus und merita vorgenommen. War dann so mit Stimmeneinheit, oder wenigstens von der maior et sanior pars ein Candidat nominirt, dann übertrugen die Wähler, wo dies nicht schon vorher bei der Bestellung der Scrutatoren geschehen war, ihr Wahlrecht auf einen aus ihrer Mitte, der dann in der Versammlung des Collegiums (in communi) die eigentliche Wahl vorzunehmen hatte, während früher diese feierliche Erklärung des Consenses durch die Gesammtheit erfolgt war[1]. Allerdings ist dies nur eine der Formen, in denen die canonischen Wahlen sich vollzogen, aber Bonifacius VIII. hat die Anordnung getroffen, dass die electio

    schon die nominatio durch den einzelnen Wähler als electio, aber dann als electio singularis bezeichnet wird. Und so stellt der zuletzt erwähnte Canonist, ohne aber an dem Wesen der Sache etwas ändern zu wollen, auch schon in die Wahlformel des einzelnen Wählers das Wort „eligo“. Aber noch die von Boerius beigesetzten Erläuterungen zeigen uns, dass auch noch späterhin über die Aufnahme des Wortes „eligo“ Streit bestand, so dass Vorsichtige dieselbe unterliessen. – Die communis electio aber, und darin liegt m. E. das Wesen derselben, soll zum Ausdrucke bringen, dass nicht einzelne Personen, sondern dass das Collegium, die Corporation selbst wählt. „In ihr soll sich“, wie Gierke treffend sagt, „soviel als möglich das einheitliche Wesen der fingirten Persönlichkeit wiederspiegeln, welche an sich zur Vollziehung jenes Actes berufen sei, und nur um ihrer Handlungsunfähigkeit willen bei der hervorragenden Thätigkeit durch eine Vielheit von Einzelnen vertreten werde.“ Nicht aber diente sie in jener Zeit, wie ich noch andernorts nachweisen will, dazu, um die Stimmeneinheit der Wähler herbeizuführen, was Bresslau unter einseitiger Berücksichtigung der Papstwahlen als Ursache und Zweck der ganzen Einrichtung hinstellt (a. a. O. S. 137 Note 5).

  1. So z. B. Hostiensis, eod. tit. c. 13, der es noch als principiell richtig und zulässig ansieht, dass die Wahl verkündet wird „omnium uno ore sermone“: omnes simul clament „eligimus“; sic enim erit communis. Vgl. Gierke, a. a. O. Note 212.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_172.JPG&oldid=- (Version vom 28.10.2018)