Seite:Zeitschrift für deutsches Alterthum und deutsche Litteratur 54 1913.pdf/391

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

entscheidungsschlacht bei Ravenna, bei der sich Dietrich hunnischer hilfe zu erfreuen hat. trotz der persönlichen teilnahme der söhne des Hunnenkönigs geht die schlacht verloren. die prinzen fallen. Dietrich muss ins exil. wo er dreißig jahre bleiben wird. hinsichtlich der entstehungsgeschichte dieser urform können wir mutmaßen, dass sie eine combination einer gotischen Dietrichsage mit der zu erschließenden älteren gotischen sage vom untergang der Etzelsöhne durch Vidigoia ist. Dietrich, der parteigänger der Hunnen, erschien als nunmehr als der unterliegende in der ehemals einen ruhmestitel der Goten bildenden Hunnenschlacht. diese wendung haben wir nicht der gotischen sage selbst zuzutrauen, jene andere, die auch die schlacht bei Ravenna zu einer gotischen niederlage stempelte, freilich noch weniger. man benutzte wol bei den nachbarstämmen gotische überlieferungen von dieser schlacht. aber des tragischen schicksals des volkes eingedenk und seine spätere katastrophe auf diese frühzeit übertrarend, erzählte man sich, das Gotenreich des großen Theoderich sei durch die schlacht bei Ravenna von Odoaker zerstört worden.

Bonn, den 14 Juni 1913. Hermann Schneider.

HILDEBRANDSLIED 37. 38.

mit gêru scal man geba infâhan
ort widar orte.

Diese beiden verse des Hildebrandsliedes gehören wol zu denjenigen stellen unserer ahd. litteratur, die am öftesten erörtert worden sind; aber noch ist keine rede davon, dass sich eine erklärung allgemeine geltung errungen hätte. die auffassungen gehn weit auseinander, so ziemlich alles ist fraglich und umstritten[1]. so scheint es begreiflich, dass Busse Beitr. 26. 56 f (1901) auf eine befriedigende deutung verzichtet und sich ganz resigniert dahin geäußert hat: ‘ob Hadubrant den ring würklien angenommen hat (Kauffmann), ob er ihn verächtlich zu boden geschleudert hat (Luft-Joseph), ob Hildebrand ihn auf dem speer gereicht (Kauffmann), und ob dies eine alte sitte war (JGrimm Kl. schr. II. 199, Müllenhoff-Kögel-Heinzel-Kaufmann),

  1. ich verzichte darauf, die deutungen hier zusammenzustellen und zu besprechen; die wichtigere litteratur verzeichnet Braune im Leseb. z. st.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Zeitschrift für deutsches Alterthum und deutsche Litteratur Band 54. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1913, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsches_Alterthum_und_deutsche_Litteratur_54_1913.pdf/391&oldid=- (Version vom 11.11.2023)