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Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV

vielerlei gestalten z. b. hund, katze, kröte, frosch, laus, floh verwandeln, und da man das zeichen des vampyrbisses am halse nicht für ein unentbehrliches merkmal ansieht, so ist die furcht bei einem überraschenden sterbefall um so größer. zu der leiche eines Walachen, wes alters und geschlechte er auch immer sei, wird daher stets eine fachkundige hebamme gerufen, welche vorkehrungen treffen muß, daß er nicht als murony zurückkehre. der leiche wird z. b. ein langer nagel durch den schädel geschlagen, man reibt sie mit schmeer von einem schweine ein, das am tage vor weihnachten am fest des heiligen Ignaz geschlachtet wurde und legt zu ihr einen dornigen stock von wilden rosen, an dem sie sich verwickeln soll, wenn sie den versuch machen wollte, aus dem grabe zu steigen [1]

Ein hajducke Arnold Paole im serbischen dorf Medwedia brach um 1727 den hals. er hatte in seiner lebenszeit oft verlauten lassen, daß er bei Cassova von einem vampyr gebissen sei und daher von der erde des vampyrgrabes gegessen und sich mit dem blute des unholds geschmiert habe, um von der erlittenen plage entledigt zu werden. zwanzig bis dreißig tage nach seinem tode brachte Paole 4 personen um. der hadnack des dorfs ließ ihn ausgraben. er war unverwest, aus augen, nasen, mund und ohren floß ihm das frische blut, die nägel an händen und füßen waren frisch gewachsen. man stieß ihm einen pfahl ins herz, wobei er einen wohlvernehmlichen gächzer that und reichlich blutete. man verbrannte den körper zu asche und warf dieselbe ins grab. Paole hatte auch vieh gebissen und durch den genuß von dessen fleisch wurden mehrere menschen zu vampyren. man grub auch diese wieder auf, dreizehn an der zahl. eine zwanzigjährige frau namens


  1. A. Schott, walachische märchen s. 297, 9. eine abart der murony heißt Pricolitsch (Pricolics, Priculics), weibl. Pricolitschone. dies ist ein wirklicher lebendiger mensch, der nachts als hund haiden, viehtriften und dörfer durchstreift, vieh jeder art durch anstreifen tödtet und ihm das warme herzblut aussaugt, wovon er stets blühend und gesund aussieht. ein hundeschweif als verlängerung des rückgrats ist sein unverkennbares merkmal.
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Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/275&oldid=- (Version vom 1.8.2018)