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Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV

zeigte floh sich hierauf öfter nachts auf der straße und klopfte an die thüren, worauf im hause jemand starb, und hielt mit seiner hinterlassenen wittwe beischlaf [1]. es half nichts, daß diese zu dem suppan oder schulzen Miho Radetich floh, bis dieser mit einigen beherzten männern das grab öffnete. hierin fanden sie den Giure Grando unversehrt. das angesicht war schön roth, lachte sie an und that den mund auf. anfangs liefen Radetichs begleiter zurück, fanden sich aber bald wieder ein und bemühten sich der leiche einen geschärften pfahl vom hagedorn durch den bauch zu schlagen, der aber jedesmal wieder zurückprallte. da beschwor der pater mit einem crucifix das gespenst. schau du strigon, hier ist Jesus Christus, der uns von der hellen erlöset hat und für uns gestorben ist; und du strigon kannst keine ruhe haben u. s. w. bei diesen worten liefen der leiche thränen aus den augen. endlich hieb man dem todten mit einer hacke den kopf ab, worauf er ein geschrei that, wie ein lebendiger und das grab mit frischen blut erfüllte [2]. sogar von einem dorf auf venetianischem gebiet erzählt Valvassor, woselbst man der leiche eines strigon einen pfahl von dornholz durch den leib stieß [3], dasselbe geschah in Lendat einem istrischen dorf auf venetianischem boden. hier heißt der vampyr strigon oder vedarez. starb jemand in folge des anklopfens, so sagte man ‚der strigon hat ihn gefressen[4]. noch heute soll in Illyrien folgendes volkslied gesungen werden, das sich wahrscheinlich auf einen der vielen kleinen kriege mit den venetianischen podestas bezieht.

im sumpfe der Stevila liegt an einer quelle rand
ein leichnam mächtig ausgestreckt, ein leichnam auf dem rücken.


  1. In einem schlesischen dorf Hotzeplotz kamen die todten oft zu den ihren zurück, aßen und tranken mit ihnen und vermischten sich fleischlich mit den weibern. reisenden liefen sie nach und hockten ihnen hinten auf. s. Eines Weimarschen medici muthmaßl. gedanken von denen vampyren. Leipzig 1732 p. 13.
  2. Valvassor Ehre von Crayn t. III, I. XI. s. 317.
  3. Valvassor a. a. o. 319.
  4. Valvassor a. a. o. t. II, I. VI. cap. 10. s. 325.
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Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/272&oldid=- (Version vom 1.8.2018)