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Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV

den Südslaven im tiefern heidenthume nicht angenommen weden als ein erzeugniß heimischer kultur, es kann nur aus der fremde, durch begrabende völker sich unter Slaven verbreitet haben – hat es sich aber unter Slaven entwickelt, so konnte es dies erst in einer so späten zeit geschehen sein, in welcher sie schon das verbrennen der todten aufgegeben hatten.

Das phantastische bild eines vampyrs selbst ist nun ein höchst scheußliches. vernehmen wir nur, wie es sich die Serben ausmalen. nach ihnen ist der vampyr ein todter mensch, den 40 tage nach seinem absterben ein höllischer geist wieder beseelt und der dann nachts das grab verläßt. die menschen in den hütten würget und ihr blut sauget. sterben daher in einem dorfe mehrere menschen, als es gewöhnlich geschieht, so geht gleich die sage, daß ein vampyr sie getödted habe. nur das eigene weib des vampyr, wenn sie jung und schön ist, erhält von ihm nächtliche besuche, ohne daß ihr geschadet würde, ja sie wird von ihm schwanger und gebiert kinder, gleich andern menschenkindern nur mit dem unterschiede, daß diese keine knochen haben. vom dem genossenen blute wird der vampyr ganz roth, so daß man einem hochrothen menschen auch im leben zuruft, ‚roth wie ein vampyr‘, namentlich einem trunkenbolde. auf wen der verdacht fällt, er sei ein vampyr, der muß ausgegraben und neugetödtet werden durch pfählen, köpfen u. dgl. Hajek, der böhm. lügenchronist, giebt als eine merkwürdigkeit vom j. 1337 an, daß in Böhmen ein hirt durchaus durch die gewöhnlichen tödtungsarten seine vampyrnatur nicht aufgeben wollte, sondern nachts fort und fort die menschen würgte, selbst als man ihm einen pfahl durch den leib gerannt. erst als er verbrannt wurde, gab es ruhe.

Es wäre interessant zu wissen, was der name vampir? vampyr? bedeute. sonderbar, daß die Polen, doch solche freunde von rhinismen, dies wort ohne rhinismus kennen nämlich: upiór (sprich upjur) und upir, m., upierzyca, fem wie die Böhmen upir und uperice. dem nach wäre v-am-pir eine art grundform. es ist jedoch nicht einmal bekannt

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Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/204&oldid=- (Version vom 1.8.2018)