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Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV

den todten, oder was dasselbe ist, die furcht vor gespenstern. Werwölfe sind ein archäologisches moment, vampyre mehr ein bloß kulturhistorisches gebilde, das insoferne nur in die archäologische mythologie gehört, als es gewiß ist, daß vampyrsagen keine stätte dort finden, wo man die todten verbrennt, sondern zumeist nur dort, wo man sie begräbt, weil die anzeichen scheintodtbegrabener zu allererst die veranlassung zu der ansicht gegeben haben mögen, daß auch die todten als vampyre selbst im grabe noch leben können. es ist nämlich ein unterschied zu machen zwischen der allgemeinen ansicht, daß die gestorbenen als geister noch fortleben und ihre gräber, selbst ihre urnen geisterartig bewohnen und zwischen dem phantastischen aberglauben, daß manche todte in ihrer vollen leibesgestalt zur nachtzeit aus ihren gräbern steigen und saugend sich von den säften, zumeist von dem blute ihrer verwandten ernähren. mich dünkt, daß vampyrsagen bei denjenigen heidnischen völkern entstanden seien, denen das feuer ein heiliges wesen, die leiche aber, wie alles todte, ein gebilde des bösen war, welches das feuer nicht verunreinigen durfte. völker mit solchen mythenkeisen legten daher die leiber der verstorbenen nicht in das feuer, da ein todtenbrand denselben ein religiöser gräuel gewesen wäre, sie legten die leiche in die dunkle erde, in die wohnung der unterirdischen götter, die dieses ihr gebilde so lange aufbewahrten, bis der umschwung der zeit herangekommen, der den unterirdischen göttern ihre vernichtende macht benahm, wo sie dann das, was sie dem leben geraubt, wieder dem leben zurückgeben mußten. völker mit leichenbränden glaubten wohl an eine unsterblichkeit der seele, sie dachten sich ein ewiges schattenreich, aber sie konnten an keine auferstehung der todten glauben. das hereinragen einzelner begrabungen in die leichenbrände unserer vorfahren ist eben ein noch unaufgehellter punkt unserer archäologie, da wir noch nicht deutlich die schichten der antiquen kultur unserer altvordern zu scheiden im stande sind.

Sind diese reflexionen wahr, dann kann das vorherrschen der vampyrsagen unter den Slaven, namentlich unter

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Dr. W. Mannhardt (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band IV. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1859, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_IV.djvu/203&oldid=- (Version vom 1.8.2018)