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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang
Fr. Adler, Rose, Grafe, Chr. Adler: Sagen aus der Provinz Sachsen I

Die Wiese und der Anwall, wo sich dies alles zugetragen hat, sind noch heute bei Barby zu sehen.

Fr. Adler.     


2. Die Fischer auf dem Kirchsee und dem Scharrlachsee.

In Dornburg giebt es viele Fischer, welche sowohl auf der Elbe wie auf den Seen dem Fange nachgehen. Wenn sie mit ihren Netzen auf dem Kirchsee oder auf dem Scharrlachsee sind und sie ziehen dieselben ein, um damit nach Hause zu rudern und dort Netze und Fang zu bergen, so geschieht es öfter, dass die Heimfahrt gewaltsam gehemmt wird. Liegen die Seen eben noch ruhig und spiegelglatt da, so geschieht es dann, dass das Wasser mit einem Male so gewaltig aufwallt, dass die Kähne umzuschlagen drohen. Dann kommen die Fischer in grosse Not und haben alle Hände voll zu thun, um das Wasser aus dem Kahne zu schöpfen, welches über Bord geschlagen ist.

Dieser wilde Aufruhr des Wassers pflegt wohl eine Stunde anzuhalten, dann legt sich derselbe wieder so plötzlich, wie er gekommen ist. Dann rudern die Fischer eilig dem Ufer zu und kommen oft ohne Fische und ohne Netze, in Schweiss gebadet, zu Hause an und sind nur froh, dass sie das Leben gerettet haben.


3. Der nächtliche Hund.

In früheren Zeiten wurden die Pferde nicht nur bei Tage gehütet, sondern auch des Nachts auf der Weide gelassen. Das geschah auch in Dornburg, und zwar auf der Gemeindewiese am Scharrlachsee. Aber auf die Dauer ging das nicht an, denn wenn auch die Pferde bis die Nacht um zwölf ruhig geweidet hatten, so wurden sie plötzlich wild und stürmten dem Dorfe zu, sodass man sie dann doch in die Ställe bringen musste.

Da beschloss man, die Wiese mit einem Zaune zu umgeben, denn man hoffte, es so zu erreichen, dass die Pferde auf der Weide blieben. Aber auch das hat nichts geholfen, und ein Hirtenjunge hat in der nächsten Nacht auch gesehen, weshalb nicht. Als er nämlich in der Nacht bei den Pferden wachte, erschien bei der Herde ein Hund von der Grösse eines einjährigen Rindes. Der Hund ging auf die Pferde zu, welche vor ihm zurückwichen und sich ängstlich in der Ecke eines Zaunes zusammendrängten. Unter dem Druck der Pferde zerbrach der Zaun und die scheuen Tiere eilten in wilder Flucht dem Dorfe zu.

Seit der Zeit hat man die Pferde nicht mehr des Nachts auf der Gemeindeweide zu lassen gewagt, sondern dieselben jeden Abend den heimischen Ställen zugetrieben.


4. Der gespenstige Jagdschlitten.

Gegenüber von dem Städtchen Barby, am rechten Ufer der Elbe, liegt das Dorf Dornburg. Bei Dornburg befinden sich zwei Seen, der

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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_020.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)