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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 3. Jg 1933, Heft 3

Anderes. Wie banausisch wäre es weiterhin, den Wert etwa des schonheitsbegabten und musikalischen Volkes der Hawaiier an der sozialen Tauglichkeitstabelle ablesen zu wollen. Das Ideologische dieser Forschung liegt also in ihrem einseitigen Interesse fur diejenigen Seiten des Menschen, die zum Erfolg im kapitalistischen Wirtschaftssystem führen. Die subjektive Mentalitat von Porteus und Babcock verrät sich ungewollt.

Oder nehmen wir die Intelligenzprüfungen, welche die Amerikaner im Kriege an zwei Millionen Rekruten durchgeführt haben. Hier ergab sich gewaltige Überlegenheit der Angelsachsen und in zweiter Linie der Weissen überhaupt über alle Farbigen. Das Ideologische liegt hier in einer doppelten Fehlerquelle. Erstens gehört wohl der Intelligenzbegriff selbst, nach dem man prüft, wie Clauss gelegentlich hervorhebt, der weissen Rasse, dem Angelsachsentum, der kapitalistischen Welt an. Dies Resultat gleicht also etwa der Feststellung, dass von allen Menschen doch die Holländer am häufigsten und besten holländisch sprechen. Zweitens ist der soziale Faktor so gut wie gar nicht berücksichtigt. Jedermann weiss, dass das altsässige Angelsachsentum in Nordamerika sozial durchaus anders gestellt ist als die Polen, Russen und Neger. Schon aus diesem Grunde ist das Resultat unmittelbar rassentheoretisch unbrauchbar, so interessant es auch in anderer Hinsicht sein mag.

Es ist aber auch nicht schwer zu sagen, worin dennoch der Wesensunterschied zwischen solcher Forschung und der puren Rassenideologie gelegen ist. Sind hier nur die Richtungen der Fragestellungen gesellschaftlich bestimmt, so ist es etwa bei Günther oder bei Lothrop Studard das Ergebnis selber. Diese Leute haben Ergebnisse, ehe sie überhaupt Fragen haben, und sie fragen selber nie im Ernst, daher treiben sie nie eigentliche Wissenschaft. Auch die Annahme allgemeiner sozialer Gebundenheit jeder wissenschaftlichen Forschung hebt den gewaltigen und unuberbrückbaren Unterschied zwischen Ideologie in wissenschaftlicher Verbrämung und Wissenschaft nicht auf. Ganz falsch ist die Vorstellung, das Gesamt der Fragen und Ergebnisse der bürgerlichen Wissenschaftsarbeit könne eines Tages plötzlich jeden Wert verlieren. In unserem Falle ist entscheidend, dass etwa die Forschungsergebnisse von Porteus und Babcock, auch von ganz anderem Standpunkt betrachtet, interessant bleiben. Wie ich den von ihnen herausgestellten Faktor werte, überlassen diese Forscher ja mir. Ihre Methoden, und was sie eigentlich prüfen, legen sie klar genug zu Tage. Ich brauche nur ihr wirklichkeitshaltiges Ergebnis mit dem Index "Erforschung der Eignung nationaler Gruppen zum Erfolg im kapitalistischen Wirtschaftsleben einer angelsächsischen Handels- und Exportkolonie" zu versehen, und diese Ergebnisse sind auch für mich gar nicht zu verachten. Interessant bleibt z. B. die bedeutend überlegene Rationalitat der gelben Rasse gegenuber den Südeuropaern. Ist also die Wissenschaft auch nie sozial ganz ungebunden, so erlaubt sie uns doch, ihre Fragestellungen zu durchschauen und ihre Ergebnisse von den Werturteilen zu isolieren, die in diesen Fragestellungen notwendig mitenthalten sind. Psychologisch gesehen, zeigt sich hier der Gegensatz von sachgebundenem und im Sinne von Bleuler autistischem oder dereistischem Denken.

Was sich so an Einzeluntersuchungen zeigen lässt, lässt sich auch an

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 3. Jg 1933, Heft 3. Librairie Felix Alcan, Paris 1933, Seite 404. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_2_Heft_3.pdf/86&oldid=- (Version vom 25.5.2022)