Seite:Zeitschrift für Sozialforschung Jahrgang 1.pdf/91

Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932

tauschen sich nun au Produktionspreisen aus, die von den Werten quantitativ verschieden sind, wobei die Werte nur noch die Funktion des theoretischen Prius für die Ableitung der Produktionspreise erfüllen. Die Produktionspreise sind der Regulator des Produktionsumfangs im Kapitalismus, sie entscheiden über die Kapitalwanderungen, d. h. über die beständige Zufuhr und Entziehung von Kapital in den einzelnen Produktionssphären, also über die Verteilung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, sie und nicht die Werte sind daher auch für die Proportionalität oder Disproportionalität dieser Verteilung verantwortlich. Während jedoch die bürgerliche Ökonomie die Produktionspreise als Tatsache hinnimmt, ohne weiter ihre Entstehung zu prüfen, weist Marx nach, daß die Produktionspreise selbst aus den Werten abgeleitet werden müssen, daß ohne eine solche Ableitung ,,die allgemeine Profitrate (und daher auch der Produktionspreis der Ware) eine sinn- und begrifflose Vorstellung bliebe" (Kapital, III 1, S. 136 und Mehrwert, II 1, S. 36/37). Um vom Durchschnittsprofit sprechen zu können, muß man die Komponenten kennen, aus welchen der Durchschnitt berechnet wird. „Ohne diese ist der Durchschnittsprofit Durchschnitt von nichts, bloßes Hirngespinst. Nur noch in diesem Sinne beherrscht das Wertgesetz (die) Bewegung der Warenpreise im Kapitalismus" (Kapital, III 1, S. 156, Mehrwert, III, S. 91/92). Das hindert aber nicht, daß in den einzelnen Produktionssphären nicht die Werte, sondern die Produktionspreise das Zentrum bilden, um welches die täglichen Marktpreise oszillieren[1] und „wozu sie sich in bestimmten Perioden ausgleichen" (Kapital, III 1, S. 158), daß ferner die Produktionspreise und nicht die Werte die Produktion, ihren Umfang und die Kapitalverteilung regulieren, also gerade diejenigen Momente bestimmen, die für das Verständnis der Krisen – soweit sie auf die Disproportionalität der Kapitalverteilung zurückzuführen sind – von ausschlaggebender Bedeutung sind.[2].

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_1.pdf/91&oldid=- (Version vom 12.5.2022)
  1. Es ist somit unrichtig, wenn K. Diehl, scheinbar Marx entgegenkommend, zwar die Inkongruenz der Preise und der Werte einzelner Waren innerhalb der Marxschen Theorie als berechtigt und notwendig anerkennt, dann aber behauptet: „Für die durchschnittlichen Marktpreise nimmt Marx entschieden den Arbeitswert als das Gravitationszentrum an." (K. Diehl, über das Verhältnis von Wert und Preis im ökonomischen System von K. Marx, Jena 1898, S. 6 und ebenso noch in der 3. Ausgabe von „Sozialwissenschaftl. Erläuterungen zu D. Ricardos Grundgesetzen d. Volkswirtschaft, 1921, Bd. I. 96.)
  2. „Der ganze kapitalistische Produktionsprozeß ist reguliert durch die Preise der Produkte. Aber die regulierenden Produktionspreise sind selbst wieder reguliert durch die Ausgleichung der Profitrate und die ihr entsprechende Verteilung des Kapitals in den verschiedenen gesellschaftlichen Produktionssphären. Der Profit erscheint hier also als Hauptfaktor, nicht der Verteilung der Produkte, sondern ihrer Produktion selbst" (Kapital, III 2, S. 419).