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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 4. Jg 1935, Heft 2

la banque, qui furent en quelque sorte les missi dominici de la reforme." Der Hauptagent war Bellinzoni, ein unter Mazarin naturalisierter Italiener, der, mit einem Gehalt von 4.000 L zum "inspecteur géneral des manufactures" ernannt, nach dem Tode Colberts wegen Malversation in Vincennes eingesperrt worden war. Ein anderer Agent, der Bankier Jabach, zum Direktor der Tapetenmanufaktur d’Aubusson ernannt, war als Kapitalist an einer Reihe von Unternehmungen beteiligt. Zum Stabe gehörte weiter der Kaufmann Camuzet aus Paris, Begründer einer Unmenge von Manufakturen für Seidenstrümpfe, endlich die beiden Brüder Poquelin, Kaufleute in Paris, welche Kontore in Genua und Venedig besassen und sich ebenfalls an einer Reihe von Manufakturen — so der Spiegelfabrik im Faubourg St. Antoine — beteiligten. (Levasseur, a. a. O. Bd. II, S. 238.)

Sagnac unterstreicht, dass die Manufakturgründungen zur Zeit Colberts überwiegend in Form von kapitalistischen Aktien- und sonstigen Gesellschaften vor sich gingen, wobei also von vornherein nicht die "grenzenlose Anstrengung" des kleinen Mannes, sondern die Kapitalbeteiligung die Grundlage war. "Sociétés en nom personnel, sociétés en commandite, sociétés anonymes surtout, recueillent des capitaux des marchands, des magistrats et des nobles eux-mêmes, s’efforçant de drainer vers les grandes affaires une partie de la richesse, d’habitude employée en achat de rentes sur l’Hôtel de Ville ou d’offices royaux[1].

Die Form der Aktiengesellschaft oder Kommandite gab eben den Kaufleuten und der Magistratur die Möglichkeit der Kapitalanlage durch Beteiligung an einem Unternehmen, ohne dass man sich persönlich um das Geschäft zu kümmern und sein Büro zu verlassen brauchte. "Colbert pressait... les gens riches qui étaient sous sa main, bourgeois et marchands de Paris, de Lyon, de Rouen, de Troyes, courtisans, magistrats, banquiers, officiers de finances et traitants d’apporter leur contingent" zu den Kapitalien der entstehenden Aktiengesellschaften[2].

Aber nicht bloss die Kapitalien, die Aktienbesitzer und sonstigen Geldgeber stammen aus den Kreisen des Handels, der Finanz und der Magistratur, — auch die Direktoren, d. h. die praktischen Leiter werden in der Regel aus dem Kaufmannsstand geholt. "C'est parmi les marchands — sagt Sée — que se recrutent ordinairement les directeurs de manufactures... Ces marchands-manufacturiers n’appartiennent plus en aucune façon à la classe de maîtres des métiers; ils échappent à l’organisation corporative[3].

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 4. Jg 1935, Heft 2. Librairie Felix Alcan, Paris 1935, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_-_Jahrgang_4_-_Heft_2.pdf/23&oldid=- (Version vom 23.2.2023)
  1. bei Lavisse, a. a. O., Bd. VIII/1, S. 230.
  2. Levasseur, Bd. II, S. 241; vgl. Lavisse, Bd, VII/1, S. 222.
  3. Esquisse d’une Histoire économique de France. Paris 1929, S. 300/1. — Diese Feststellung Sées stimmt mit derjenigen von Levasseur überein. a.a.O. Bd. II, S. 402.