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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 4. Jg 1935, Heft 2

einer von der Aphasie betroffenen Patienten gilt ihm als lehrreichstes Modell für eine Sprache, die nichts als Instrument wäre. „Man könnte kein besseres Beispiel finden, um zu zeigen, wie falsch es ist, die Sprache als ein Instrument zu betrachten. Was wir gesehen haben, ist die Entstehung der Sprache in den Fällen, in denen sie nur noch zum Instrument taugt. Auch beim normalen Menschen kommt es vor, dass die Sprachə nur als Instrument gebraucht wird… Aber diese instrumentale Funktion setzt voraus, dass die Sprache im Grunde etwas ganz anderes darstellt, wie sie auch für den Kranken ehemals, vor der Krankheit, etwas ganz anderes dargestellt hat… Sobald der Mensch sich der Sprache bedient, um eine lebendige Beziehung zu sich selbst oder zu seinesgleichen herzustellen, ist die Sprache nicht mehr ein Instrument, nicht mehr ein Mittel, sondern eine Manifestation, eine Offenbarung unseres innersten Wesens und des psychischen Bandes, das uns mit uns selbst und unseresgleichen verbindet“ [1] Diese Einsicht ist es, die ausdrücklich oder stillschweigend am Anfang der Sprachsoziologie steht.

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 4. Jg 1935, Heft 2. Librairie Felix Alcan, Paris 1935, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_-_Jahrgang_4_-_Heft_2.pdf/110&oldid=- (Version vom 13.1.2023)
  1. Kurt Goldstein, L’analyse de l’aphasie et l’étude de l’essence du langage (in : Psychologie du langage. Paris 1933, S. 495/496).