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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

mehr aufrecht erhalten werden. Bezüglich des Innocenz VIII. gemachten Vorwurfs der Förderung der Hexenverfolgungen und Prozesse, wobei es sich selbstredend nur um die Zeit nach 1484 handeln kann, beschränke ich mich auf eine kurze Erörterung, der ich einige Angaben über den zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts auch in Köln gedruckten berüchtigten Hexenhammer (malleus maleficarum) vorhergehen lasse. Der Hexenhammer, ein Werk der in der Bulle Summis desiderantes genannten Inquisitoren Institoris und Sprenger, zerfällt in drei Teile. Die beiden ersten wenden sich hauptsächlich an die Seelsorger, Pfarrer und Prediger, um diese über die Hexerei und die Hexen zu belehren, und behandeln die Wirklichkeit der Hexerei nach der Bibel und dem kanonischen Recht, ferner das Wesen derselben, die Greuelthaten und die gegen sie zu gebrauchenden kirchlichem Heilmittel. Der dritte Teil giebt dagegen den geistlichen und weltlichen Richtern nähere Anweisung über die Einleitung und die Führung der Hexenprozesse.[1]

Einen Lobredner sucht man in der Litteratur für den Hexenhammer vergebens. Sehr zurückhaltend versuchen es J. Goerres[2] und J. Diefenbach[3] mit wenigen Worten das widerwärtige Werk in Schutz zu nehmen; aber wie immer man über die Realität der Dämonenwelt und den Einfluss des Satans auf die Geschicke der Menschen denken mag: es ist geradezu der Geist des Wahnsinns, der aus der grossen Mehrzahl der Erzählungen des Hexenhammers entgegenleuchtet.

Im Vorstehenden (vgl. S. 142) wurde bereits der Fabel gedacht, dass die Hexen, ohne selbst gesehen zu werden, trotz der Gegenwart der Eltern kleine Kinder ins Wasser werfen. An andern auf die Kinderwelt bezüglichen


Schriften, her. von Reusch. Stuttgart 1890. S. 387), wenn er anscheinend die Bulle als ex cathedra erlassen bezeichnet, denn so schwankend auch dieser Begriff ist, s. Bd. IV, S. 437, so ergiebt weder ihr Inhalt noch der Anlass, aus welchem sie ergangen ist, dass der Papst eine Definition inbetreff des Glaubens hat erlassen und zur Verbindlichmachung der Kirche durch diese seine Erklärung von seiner obersten Gesetzgebungsgewalt hat Gebrauch machen wollen, da er nur den Inquisitoren die ihnen bestrittene Kompetenz inbetreff der von diesen bezeichneten, den Thatbestand der Hexerei erfüllenden Vorgehen beilegt“.

  1. P. Hinschius a. a. O., S. 403.
  2. J. Görres, Christliche Mystik, 1842, Bd. IV Abt. II, S. 585, nennt den Malleus in seinen Intentionen rein und untadelhaft, aber in unzureichendem Grade thatsächlicher Erfahrung aufgesetzt.
  3. J. Diefenbach, Der Hexenwahn, 1886, S. 224: Im ganzen genommen ist der Inhalt des Malleus nicht so schlimm als sein Ruf.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/43&oldid=- (Version vom 1.8.2018)