Seite:Zapolska Käthe.djvu/470

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


der Studenten, ein breitschultriger Blondin, näherte sich derselben, um mit dem Finger auf einen großen Holzknopf zu drücken.

Langsam schob sich die Wand auseinander und zeigte eine viereckige Öffnung.

In dieser befand sich eine Art von dunkler Kammer mit hölzerner Plattform, die auf breiten Eisenspangen ruhte und auf welcher zwei in grobe Laken gehüllte Leichen lagen.

„Ein Weib und ein Kind!“ rief der Blondin vornübergebeugt und streckte gleichzeitig die Hand aus nach der größeren Leiche, deren Umrisse fast die Falten der Leinwand ausfüllten.

„Das Weib ist für mich!“ rief er und niemand bestritt ihm dies Eigentumsrecht.

Man scherzte sogar darüber.

„Wie? Sogar die Toten nimmt er ausschließlich für sich in Anspruch?“

Er aber hörte nicht mehr, sondern zog die Leiche schon aus der Öffnung heraus mit Hilfe des buckligen Wärters, der gleichzeitig mit dem Glockenschall im Saale erschienen war.

Die Leiche war ungewöhnlich schwer, ein Prachtexemplar!

Das gab ein famoses Skelett für seine Studierstube. Dort stellte er’s unter die Photographien all seiner Geliebten, die schon die halbe Wand einnahmen.

Darunter befindet sich auch die Julias, jener bleichen Gattin des alten Geizkragens, mit der er so oft vor das Tor gefahren war.

Empfohlene Zitierweise:
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 470. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/470&oldid=- (Version vom 1.8.2018)