Seite:Zapolska Käthe.djvu/465

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Immer wieder trat er ihr auf die zitternden Lippen, bis er in das Röcheln der Sterbenden überging.

Selbst die Bußpsalmen übertäubte er, die man der bewußtlosen Sünderin vorzubeten versuchte.

Alles verdrängte und dämpfte er und kam immer wieder zum Vorschein, als verkünde er jenen ewigen Triumph des Mannes über das Weib, selbst im letzten Stündlein aller Erdenqual.

Das Haupt zurückgebeugt auf das harte Wachstuchkissen, mit aufgelöstem Haar, mit starren Augen, rief diese lebende Leiche, dieses prächtige Weib, welches als Spielball eines Mannes vernichtet wurde, immer und immer wieder noch jetzt dessen Namen und verzieh ihm all ihre Marter und möchte ihm noch die Hand küssen, wie ein Hund die des Herrn leckt, die ihn blutig geschlagen.

Und endlich nahte die Nacht, in der all ihr Stöhnen verstummen sollte und der einzige Ruf ihrer Lippen.

Ihre Wärterin schlief hart und fest in einer Ecke des Saales nebenan. Also lag sie allein, von allen verlassen und so entkräftet vom langen Kampf um ihr Leben, daß sie dem Tode nicht länger Widerstand leisten konnte.

Nur mattes Licht warfen die Lämpchen noch in den dunklen Saal.

Käthe lag fast regungslos da. Die Hände allein gewannen plötzlich wieder Kraft. Mit ihnen schien sie etwas zurück zu stoßen, etwas, das sich zu ihr drängte und das nur ihr sichtbar war. Weit riß sie die Augen auf.

Empfohlene Zitierweise:
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 465. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/465&oldid=- (Version vom 1.8.2018)