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Die Ärzte, die ihr beim besten Willen nicht helfen konnten, ließen sie ruhig liegen.

Eine Entzündung nach der andern stellte sich bei ihr ein.

Die Wärterinnen meinten, die Nahrung sei ihr in den Kopf gestiegen und von jedem ward ihre Krankheit anders genannt und beurteilt.

Sie selbst kannte ihren Zustand nicht und lag Tag und Nacht stöhnend da, wie zum Tode verurteilt, wie eine lebende Leiche.

Allmählich kümmerte sich fast niemand mehr um sie. Die Krankheit zog sich in die Länge und der Tod schien sich zu verspäten.

Der junge, kräftige Körper rang mit ihm und wollte sich durchaus nicht ergeben.

Man schaffte Käthe endlich in den Operationssaal und legte sie in ein Bett mit Rädern, um sie im Falle des Todes leichter hinauszubefördern.

Dieser nur selten benutzte Saal führte auf einen langen Gang, der alle übrigen Krankensäle und Zimmer im ersten Stockwerke miteinander verband.

Ab und zu erschien das schwarze Gewand einer Aufseherin oder die Gummischürze eines Arztes, der mit Instrumenten unter dem Arm in den Saal eilte, oder die Soutane eines Priesters, der das Gefäß mit der letzten Ölung an die Brust drückte.

Morgens und abends rief ein Glöckchen zum Gebet; manchmal auch verkündete es, daß wieder eine Dulderin, nachdem sie ihre Bestimmung erfüllt, einging zur ewigen Heimat.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 462. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/462&oldid=- (Version vom 1.8.2018)