herab auf das an der Erde liegende Weib, als suche er irgend eine Ähnlichkeit in diesen beiden regungslosen Körpern, oder eine Gemeinschaft zwischen ihnen, die ihn auf den richtigen Weg führen könnte.
Einer der Polizisten, die inzwischen hinzugetreten waren, bog sich herab über Käthe und betastete ihre Arme.
Dies junge, elende Wesen erregte in ihm so tiefes Mitleid, daß er es zu retten wünschte, obgleich er mit seinem Spürsinn die volle Wahrheit längst erriet.
„Herr Kommissar“, hob er an. „Die ist nur betrunken und muß ins Loch, um sich auszuschlafen.“
„Nein, nein!“ erwiderte der Kommissar. „Solch ein großes Frauenzimmer betrinkt sich nicht am hellen lichten Tage, um der ganzen Polizei in die Hände zu fallen. Dahinter steckt etwas ganz anderes. Offenbar hängt dies mit der Kindesleiche zusammen, die vor einigen Stunden in der Lehmgrube unweit der Ziegelei gefunden wurde!“
In der Tat hatten Kinder sie dort zufällig beim Schanzenspiel aus der nur mangelhaft zugeschütteten Grube ausgegraben und so, wie sie war, in Packpapier eingewickelt, zur Polizei gebracht, stolz und glücklich, daß sie auch einmal die Helden des Tages spielen konnten.
Jetzt hing nur noch von den Ärzten der Ausspruch ab, ob dies Frauenzimmer nur betrunken war, oder eine von den Männern schändlich Betrogene, die in ihrer Verzweiflung ein Verbrechen verübte.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/460&oldid=- (Version vom 1.8.2018)