Die Vorbereitungen Madis, die auf das Bett geworfenen Lappen, das schwarze Fläschchen und besonders der große Bogen Packpapier auf der Kommode, der bei jeder Bewegung raschelte, vermehrten noch ihre Aufregung.
Was sollte mit ihr geschehen in dunkler Nacht? Würde sie morgen noch Gottes Sonne wiedersehen oder elend umkommen ohne Rettung und Hilfe?
Inzwischen verkündete die Uhr mit heiserem Schlage Stunde auf Stunde.
Madi kauerte schlaftrunken an der Erde, mißmutig über den bevorstehenden Verlust, während ihre Mutter die gleichgültige Miene der Hebamme beibehielt, die selbst die größte menschliche Marter nicht zu rühren vermag. Nicht einmal zuckte sie zusammen, als Käthes Stöhnen überging in das Brüllen eines wilden Tieres, welches mit dem Tode ringt.
Auf dem Wege unterhalb des Häuschens zogen Betrunkene vorüber und sangen zur Harmonika. Die munteren Weisen eines Walzers oder einer Polka mischten sich in Käthes Angstgestöhn, aber ihr Ruf „Jesus!“ überschallte selbst diese Tanzmusik.
Nachdem die Nachtschwärmer über den Wall zur Stadt zurückgekehrt, wurde alles mäuschenstill und nur Käthes Schmerzensschrei erschallte jetzt mit verdoppelter Gewalt, dieser Bußeschrei eines Weibes für einen kurzen Augenblick irdischer Wonne…
Immer mehr veränderte sich ihr Aussehen. Wie ein Schreckgespenst lag sie da, den Kopf tief zurückgebogen und zupfte mit zitternden Händen krampfhaft
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 446. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/446&oldid=- (Version vom 1.8.2018)