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alles zu sagen. Jetzt aber erstarb ihr die Stimme in der Brust und das Wort auf den Lippen.

Vor sich sah sie ihn, so frisch und kerngesund im Sonnenglanze mit roten Wangen, ganz wie vor einem Jahre. Sogar denselben Schlips trug er und dieselbe Weste und sein Haar glänzte und duftete von Pomade.

So kräftig und fein sah er aus mit dem neuen Strohhute in der Hand, die noch derselbe Tombakring schmückte.

Und plötzlich schämte sie sich ihrer Not und Armut und vor allem des Zustandes, der sie jetzt so verunstaltete.

Unwillkürlich ließ sie die Arme sinken und befreite so Johann aus deren Fesseln.

Hastig griff sie nach dem Tuche, um den halben Körper zu verhüllen.

Währenddem war Johann einige Schritte zurückgewichen, um nach dem Nachbargarten zu entschlüpfen. Käthe aber vertrat ihm den Weg.

So standen sie beide dicht am Rande der alten Lehmgrube, deren feuchter Boden in den Strahlen der Sonne blinkte.

„Johann! Warte nur einen Augenblick! So kannst du nicht von mir gehen!“ rief sie ihm zu. „Wie du siehst, sitz ich hier im Elend und dazu noch in Schulden. Vielleicht aber geht es bald mit mir zu Ende; ich weiß nicht, wie Gott es lenkt!“

„Was willst du von mir? Halt mich nicht länger auf!“ zischte er durch die Zähne. „Mit dir hab ich

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/440&oldid=- (Version vom 1.8.2018)