dem Nachbarzaune längst verschwunden waren. Nur ihre lauten Stimmen schallten noch herüber durch das Gebüsch, welches dort eine ziemlich dichte grüne Wand bildete.
In der Meinung, daß sie alle schon vorüber seien, schlug Käthe endlich die Augen auf und ihr Blick fiel auf den vor ihr stehenden Mann.
Eine Blutwelle stieg ihr in den Kopf, als sie in ihm – Johann erkannte.
Beider Augen begegneten sich.
Die ihren, gerötet von all den Tränen, die sie in schlaflosen Nächten vergossen, und umrändert von bläulichen Ringen, blickten in die von Gesundheit und Leben strahlenden des Mannes.
In diesen beiden Augenpaaren stand die ganze Geschichte all dieser Monate geschrieben; ihre Qualen, ihre Trübsal, all ihr Unruhe und Sehnsucht, und seine Gleichgültigkeit, seine gute Ernährung, sein ungestörter Schlaf und sein durch keinen Gewissensbiß getrübter Seelenfriede.
Unverwandt starrte sie ihm in das Gesicht. Endlich hatte sie ihn wieder, dicht vor ihr stand er und alles konnte sie ihm sagen, was ihr so schwer auf dem Herzen lag.
Er aber erwachte jetzt aus seiner augenblicklichen Erstarrung. Hastig wandte er sich ab und wollte davonlaufen. Eingedenk jenes Auftrittes auf dem Boden, befürchtete er dessen Wiederholung.
Käthe jedoch raffte sich empor von der Erde und umschlang ihn mit beiden Armen. Dabei zitterte sie
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 438. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/438&oldid=- (Version vom 1.8.2018)