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Allmählich kam Käthe doch dahinter.

Während sie anfangs halb ausgehungert, da sie selbst bei Budowskis nur schlechte Kost hatte, gern und viel aß, widerte sie nach und nach diese Aufdringlichkeit der beiden förmlich an und sie begriff gar nicht deren Ärger über den ab und zu bei ihr eintretenden Mangel an Appetit.

Frau Schnaglow biß dann die Zähne zusammen und befahl ihr mit zischender Stimme Gehorsam. Madi dagegen verhehlte ihr gar nicht den Zweck, weshalb man sie so reichlich fütterte. Und mit stummer Ergebenheit fügte sich Käthe in ihr Schicksal. Überdies war dies bei weitem noch nicht das Schlimmste. Hunger und Elend waren doch viel empfindlicher. Also ließ sie sich ruhig weiter mästen.

Leider aber gelang ihnen dies durchaus nicht nach Wunsch. Käthe wurde von Tag zu Tag bleicher und matter und ihre Gesichtsfarbe immer gelblicher, fast leichenfahl.

Mit Mißvergnügen bemerkte Frau Schnaglow diese Veränderung.

Offenbar hatte dies Frauenzimmer irgend eine Gemütskrankheit, die den Körper untergrub und alle Bemühungen der schlauen und vorsichtigen Frau zu schanden machte. Für solches Leiden gab es kein Heilmittel in der Hausapotheke der Hebamme. Befehlen konnte man ihr, zu essen und im Garten sich zu ergehen, nicht aber: ihren Gedankenlauf zu unterbrechen, ihre Erinnerung an die Kämpfe der Vergangenheit auszulöschen und die Angst vor der

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 428. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/428&oldid=- (Version vom 1.8.2018)